Eine Studie im Auftrag der christlichen Kinderhilfsorganisation World Vision zeigt, dass der Glaube geflüchteten Kindern dabei hilft, traumatische Erlebnisse zu überwinden und neue Hoffnung für ihr Leben zu schöpfen. Die Forscher haben für die Studie „Flucht, Religion, Resilienz“ insgesamt 29 muslimische, christliche und jesidische Kinder zwischen fünf und 16 Jahren interviewt. Sie stammen aus dem Iran, Irak, Afghanistan und Syrien. Zusätzlich wurden Gespräche mit den Eltern der Kinder geführt.
Viele der befragten Kinder haben lange Zeit unter schlechtesten Bedingungen gelebt, Gewalt und den Tod von Verwandten und Freunden erlebt. Nach Angaben von World Vision verarbeiteten viele der befragten Kinder über ihr freies Gespräch mit Gott ihre negativen Erfahrungen. Der Glaube helfe ihnen, positive Sozialbeziehungen zu Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit und Herkunft aufzubauen.
„Gott macht mich mutig“
Dass Gott für ihre Sorgen, Ängste und Hoffnungen ansprechbar ist, gelte unabhängig von Religionszugehörigkeit oder Alter. Das 13-jährige iranische Christin Pegah sagt dazu: „Gott macht mich mutig. Wenn ich Angst habe, dann gibt er mir Mut. […] Dann hilft er mir und zeigt mir den Weg.“ Die befragten Kinder schreiben größtenteils nicht Gott, sondern den Menschen die Verantwortung für das Böse zu.
Viele Kinder formulieren sehr ähnliche Werte, die in ihrer Religion für den Umgang mit Mitmenschen maßgeblich sind. Dazu gehörten als wichtigste Verhaltensweisen die Hilfe für Menschen in einer Notlage und das Tabu, anderen seelischen oder körperlichen Schaden zuzufügen. Für die Kinder spielt es auch keine große Rolle, welche Ethnie und welchen Glauben ihre Freunde haben.
Religionsfreiheit als wertvolles Gut
Die Kinder wollen selbst und unabhängig von ihren Eltern entscheiden, welche Riten sie aus ihrer Religion übernehmen. Durch die religiöse Verfolgung und den Terror in ihrem Herkunftsland erlebten sie Religionsfreiheit in Deutschland als wertvolles Gut einer Demokratie. Viele der Kinder haben der Studie zufolge bereits religiöse oder ethnische Diskriminierung erlebt. Insbesondere fremdenfeindliche und islamophobe Übergriffe verunsicherten geflüchtete Familien und ihre Kinder.
World Vision fordert von der Politik, die medizinische und psychologische Versorgung von geflüchteten Kindern sicherzustellen. Damit posttraumatische Belastungsstörungen erkannt und behandelt werden können, müssen nach dem Willen der Organisation Lehr- und Betreuungskräfte geschult werden. Kinder dürften nicht aufgrund ihrer Religion diskriminiert werden. Es gehe darum, Rassismus in Deutschland konsequent zu bekämpfen. Auch Religionszugehörigkeit dürfe nicht ausgrenzen oder als Begründung für Gewalt und Konflikte angeführt werden.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Dortmunder Religionspädagogin Britta Konz durchgeführt. Für die Erhebung der Interviews kooperierte World Vision mit der „Flüchtlingsambulanz“ im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf unter der ärztlichen Leitung von Areej Zindler.
Von: Johannes Blöcher-Weil