„Evangelikale fühlen sich mehr als Weiße, denn als Fromme“

In einem Essay in der Frankfurter Allgemeinen sucht der Politikwissenschaftler Claus Leggewie nach Gründen, weswegen evangelikale Christen in den USA Donald Trump vertrauen. Sein Ergebnis: Sie haben Angst vor einer ungewissen Zukunft der „Weißen“.
Von PRO
Claus Leggewie sieht Evangelikale als wichtigen Faktor für die kommende US-Wahl

Wie kann es sein, dass evangelikale Christen in den USA in Donald Trump einen von Gott Gesandten sehen? Das fragt sich der Politikwissenschaftler Claus Leggewie. Schließlich verstoße der amerikanische Präsident gegen alles, was ihnen „heilig“ sei. In der Hinwendung zu Trump sieht Leggewie die Verzweiflung der Evangelikalen. Sie würden sich in erster Linie als „Weiße“ sehen. Erst dann komme der fromme Aspekt. Doch ihre zahlenmäßige Stärke und kulturelle Hegemonie schwinde immer mehr. Die Angst, auf den „Abgrund zuzutreiben“, führe zum Schulterschluss mit dem „nach rechts gerückten“ republikanischen Lager.

Leggewie sieht für dieses Vertrauen in Trump und die Republikaner mehrere Faktoren. Zum einen gebe es eine „Meinungsführerschaft der religiösen Rechten“ und „glaubensbasierte Lobby-Gruppen“. Aber auch die „nationalistische America-first-Ideologie“ spiele eine wichtige Rolle. Trump sei ein „Rammbock“, etwa gegen Befürworter von Abtreibungen.

Dem liege ein „zutiefst pessimistisches und apokalyptisches“ Weltbild der Evangelikalen zugrunde. Dieses fördere paradoxerweise die Beziehung zwischen den Christen und den „Blasphemisten im Weißen Haus“. In Zeiten, in denen die Gottlosen immer mehr zu werden scheinen, erfreue man sich solcher „Etappensiege“ wie Trumps „Nein“ gegen Abtreibung. Einzig Trumps „rabiater Umgang“ mit Immigranten und seine Nahostpolitik hätten ihm Sympathien gekostet. Ob die Demokraten den Evangelikalen allerdings eine „nicht allzu gottesferne“ Alternative bieten könnten, bleibe abzuwarten.

Regelmäßige Gottesdienstbesucher wählen republikanisch

Diese Zuneigung zu Trump könne den Ausschlag für seine Wiederwahl 2020 geben, vermutet Leggewie. Bereits bei der Wahl 2016 habe das evangelikale Lager mehrheitlich für Trump gestimmt. Damals galt die Faustregel: Amerikaner, die mindestens einmal pro Woche Gottesdienste besuchen, wählen mehrheitlich republikanisch. Wer selten oder gar nicht in Kirchen geht, wählt demokratisch. Diese Entwicklung könne sich im Hinblick auf das Wahljahr 2020 verstärken, erklärt Leggewie. Bei diesen Zahlen sei zu beachten, dass die religiöse Zuordnung stark mit der ethnischen korreliert. Schwarze Protestanten und Katholiken blieben stärker auf Distanz zu Trump.

Von: Martin Schlorke

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