„Religiöse Konflikte werden in der Folge des Klimawandels zunehmen.“ Diese Ansicht hat Kira Vinke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) am Montag vertreten. In landwirtschaftlich geprägten afrikanischen Ländern seien Berufsgruppen sehr stark an die jeweiligen Ethnien gebunden, die wiederum oft unterschiedlichen Religionen angehörten.
Dürrekatastrophen und Ernteausfälle hätten beispielsweise in Burkina Faso zu direkten Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Ehtnien und Religionen geführt. „Der Klimawandel hat die Entwicklungsfortschritte der letzten Jahre zunichte gemacht“, sagte die Klimaforscherin in einem Vortrag vor den Teilnehmern der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Dresden.
140 Millionen im Subsahara-Gebiet betroffen
„Wir sind mitten drin im Klimawandel“, sagte Vinke. Extreme Hitze, anhaltende Dürre und Versalzung veränderten die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen weltweit. Der Klimawandel zwinge schon heute viele Menschen zur Migration. Die Weltbank rechne nach Angaben eines Berichtes damit, dass bis 2050 bis zu 140 Millionen Menschen in der Sub-Sahara-Region von Migration betroffen sind. „Möglicherweise wird es Gebiete geben, die unbewohnbar sein werden.“ Vinke ist Mitglied im Beirat Zivile Krisenprävention und Friedensförderung der Bundesregierung.
„Humanitäre Notsituationen können sich sehr schnell mit schlummernden religiösen Unterschieden verbinden und zu religiösen Konflikten führen“, erklärte der Direktor „Engagement und Kommunikation“ von Brot für die Welt, Michael Stahl, am Rande der Synode gegenüber pro. Nach Meinung des Synodalen der Nordkirche ist es deshalb wichtig, vor Ort in armen Ländern interreligiöse Dialoge zu stärken. Dem Gespräch zwischen den Religionen werde eine Schlüsselfunktion zur Wahrung des Frieden zufallen angesichts sich verschärfender Konflikte durch den Klimawandel.
Klimawandel zwingt zum Strategiewechsel
„Brot für die Welt ist dabei, seine Entwicklungshilfestrategie wegen des fortschreitenden Klimawandels zu überdenken“, sagte Stahl am Rande der Synodentagung. „Unsere Projektpartner in den Ländern des Südens haben immer stärker unter den Folgen der Klimaveränderung zu leiden.“ Ernteausfälle aufgrund von Dürren, Überschwemmungen und Stürmen wirkten sich unmittelbar auf Dörfer, Kommunen und ganze Regionen aus. „Die Menschen vor Ort müssen sich überlegen, wie sie sich dagegen zur Wehr setzen“, sagte Stahl, und weiter: „Wir müssen überlegen, wie wir die Menschen stark machen gegen die Folgen des Klimawandels.“
Widerstandskraft von Ländern im Süden stärken
Die Programme von Brot für die Welt sollen deshalb noch stärker die Widerstandskraft der Menschen in den Entwicklungsländern in den Fokus nehmen. Für die Kirche bedeute das, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst werden müsse, dafür auch die entsprechenden Gelder zur Verfügung zu stellen. „Ähnlich wie die Staaten internationale Fonds auflegen, um die Resilienz von Ländern des Südens zu stärken, so werden es auch die Kirchen tun müssen“, erklärte Stahl.
Nach seiner Wahrnehmung wachse in den Kirchengemeinden die Einsicht, dass die Situation in Partnerländern der Kirche prekär sei und Menschen im Süden besonders betroffen seien von den Folgen des Klimawandels. „Meine Erwartungen an die Synode ist, dass in einer Kundgebung, einer öffentlichen Äußerung der Synode, der Zusammenhang von Klimawandel und Frieden deutlich benannt wird. Dass wir tatsächlich den Klimaschutz betreiben müssen, um dazu beizutragen, damit es weltweit weniger Konflikte gibt und Frieden wird.“
In diesem Jahr steht die Herbstsynode der EKD unter dem Motto: „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens“. Bei der Tagung des Kirchenparlamentes in Dresden beraten die 120 Delegierten vier Tage lang über Gerechtigkeit und Frieden sowie die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in den EKD-Gliedkirchen.
Von: Norbert Schäfer