Der angekündigte Rücktritt des sächsischen Landesbischofs Carsten Rentzing hat für Aufregung im Kirchenvolk gesorgt. Die einen sehen darin die einzig richtige Entscheidung, andere springen Rentzing bedingungslos zur Seite, in vielen Reaktionen ist Betroffenheit zu spüren. Bundesweit berichteten Medien über Vorwürfe gegen ihn, sich nicht ausreichend von der AfD distanziert zu haben, über seine Mitgliedschaft in einer pflichtschlagenden Verbindung, über nationalistische Texte aus seiner Studienzeit. Eine Petition vom September forderte den Bischof auf, sich zu erklären, wodurch die ganze Debatte um seine Person so richtig in Gang kam. Eine andere verlangt nun den Verbleib Rentzings im Amt. Die bekam innerhalb von zwei Tagen mehr als 12.000 Unterschriften – die rentzingkritische hatte nach einem Monat lediglich rund 1.000 Unterstützer.
Die Entscheidung zum Rücktritt wird Rentzing wohl nicht widerrufen. Die aufgewühlte Debatte um ihn zeigt aber, dass vor allem konservative Kirchenmitglieder in ihm einen wichtigen Repräsentanten sehen, auch über seine Landeskirche hinaus. Und sie zeigt, dass die Amtskirche sich schwer damit tut, Spaltungen innerhalb der Gesellschaft, die sich eben auch unter Kirchenmitgliedern auftun, zu überbrücken. Die sächsische Kirchenleitung spricht in einer Erklärung von „Zerwürfnissen“, die sich durch die Ereignisse rund um den Bischof offenbaren. Vielleicht war es klug von ihm, nicht lautstark die AfD zu kritisieren – wie es manche seiner Amtskollegen tun und was ihm vorgehalten wird – und somit aber auch die Menschen im Land mitzunehmen, die aus verschiedensten Gründen mit den Rechtspopulisten sympathisieren.
Mehr Evangelium, weniger Politik
Das ist natürlich ein schwieriger Balanceakt, aber er ist wichtig. Klar, müssen die Kirche und ihre Leiter sich gegen menschenverachtende, extremistische politische und gesellschaftliche Strömungen positionieren, die der christlichen Botschaft von der Gnade, der Liebe, Vergebung, dem Angenommensein bei Gott widersprechen. Aber es hilft nicht weiter, wenn auch sie dabei einem beträchtlichen Teil der Menschen das Gefühl vermitteln, nicht ernstgenommen zu werden. Denn dieses Gefühl ist ja eines, was Menschen mit dazu bewegt, sich zum Beispiel von den etablierten Parteien oder Medien abzuwenden. Die Petition, die nun Rentzings Verbleib im Amt fordert, weist auf eine Aussage hin, die er 2015 zum Umgang mit Rechtspopulismus machte: „Wir können es uns nicht leisten, die Gesellschaft an dieser Stelle auseinanderbrechen zu lassen.“ Kirche, zumal eine, die sich als Volkskirche versteht, sollte dabei helfen, den inneren Frieden einer Gesellschaft zu fördern.
Bemerkenswert in der Erklärung der sächsischen Kirchenleitung ist die Feststellung, dass die Debatte um Rentzing „die Kraft des Zeugnisses der frohen Botschaft Jesu Christi“ schwächt. Ach ja, da war ja noch was. Jesus Christus. Frohe Botschaft. Das ist ja das eigentlich zentrale Thema, zu dem Kirche etwas zu sagen hat. Wieder einmal ist sie nun mit einem ganz anderen Thema in die Schlagzeilen gekommen. Wenn die Botschaft von Christus, der unser Friede ist, hör- und unter Kirchenleuten sichtbarer wäre, könnte das auch ein Beitrag zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sein.