In Berlin ist am Wochenende eine Niederlassung der überkonfessionellen Beratungsstelle für Schwangere „Pro Femina“ attackiert und demoliert worden. Im Hausflur hinterließen die Täter „Pro Choice“-Schriftzüge. Außerdem demolierten sie Fenster, verätzten Teppiche und verklebten das Türschloss. Offenbar gelang es ihnen aber nicht, in die Niederlassung einzudringen. Die Beratungsstelle des Vereins befindet sich nahe des Kurfürstendamms in einem Haus mit mehreren Mietern.
„Pro Femina“ bietet kostenlose Beratungen für Frauen im Schwangerschaftskonflikt an und verfolgt unter anderem das Ziel, „eine belastbare Alternative zu einer Abtreibung zu erarbeiten“, wie es auf der Internetseite der Organisation heißt. In seltenen Fällen gewährt der Verein dazu auch finanzielle Direkthilfen. Beratungsscheine, die Frauen in Deutschland in der Regel für Schwangerschaftsabbrüche vorlegen müssen, stellt der Verein aus Überzeugung nicht aus, wie Sprecherin Caroline Stollmeier erklärt: „Wir wollen in keiner Form Abtreibungen begünstigen.“
Am Montag veröffentlichten die mutmaßlichen Täter ein Bekennerschreiben im Internet. Darin heißt es, die Beratungen des Vereins seien „manipulativ und keinesfalls ergebnisoffen“. Frauen werde „sogar Geld dafür angeboten, dass Kinder zur Welt gebracht werden“.
„Feministinnen trauen Frauen zu wenig zu“
Im Gespräch mit pro verwehrt sich eine der Berliner Mitarbeiterinnen von „Pro Femina“ gegen die Vorwürfe: Jede Frau, die die Beratungsstelle besuche, habe eine freie Wahl, wie sie mit ihrer Schwangerschaft umgehe, „das steht nicht zur Debatte“. Doch der Verein bemühe sich auch, Unterstützungsmöglichkeiten für die Frauen aufzuzeigen, damit sie sich frei für ihr Kind entscheiden könnten. Von anderen Beratungsstellen unterscheide sich „Pro Femina“ insofern, dass der Verein eine langfristige Begleitung ermögliche, sei es nach einer Abtreibung, aber vor allem auch bei einer Entscheidung für das Kind. „Ich wundere mich, dass gerade die Feministinnen den Frauen oft so wenig eigene Freiheit zutrauen“, sagt die Beraterin, die zum eigenen Schutz nach dem Überfall namentlich nicht genannt werden will.
Bereits im Vorfeld der Attacke vom Wochenende habe es Probleme mit linksautonomen und feministischen Initiativen gegeben. Nachdem „Pro Femina“ seine Berliner Niederlassung im August eröffnet habe, habe es einerseits Demonstrationen, andererseits aber auch kleinere Angriffe auf die Einrichtung gegeben. Unbekannte hätten etwa Hundekot im Briefkasten hinterlassen und Klingelschilder entfernt.
Von: Anna Lutz