Am Wochenende wird im hessischen Darmstadt Weinfest gefeiert. Am Sonntagnachmittag öffnen die Geschäfte. Ein großes Einkaufszentrum der Stadt, das Luisencenter, hat mit einem Bild von Jesus dafür geworben. Auf dem Plakat sind neben dem Konterfei der Spruch „Endlich die alten Sachen in Neue verwandeln“ sowie die Ladenöffnungszeiten und das Datum zu lesen.
Nach zahlreichen Beschwerden und Protesten von Privatleuten und Kirchen hat das Einkaufszentrum die Plakate entfernt. Auch aus den elektronischen Kanälen ist die Reklame verschwunden. Laut der Lokalzeitung Darmstädter Echo hatte eine Werbeagentur die Idee für die Geschäftsleute entwickelt. Mit dem Plakat wurde sowohl in dem Einkaufszentrum als auch in der kostenlosen Darmstädter Cityzeitung geworben.
Dekanin: „Vollends geschmacklos“
Die Dekanin des Evangelischen Dekanats Darmstadt-Stadt, Ulrike Schmidt-Hesse, empfindet die Werbung als „respekt- und niveaulos“. Jesus habe nichts mit Konsumförderung zu tun. Das Darmstädter Echo zitiert sie mit den Worten: „Wenn aber hier bewusst provoziert werden soll, um die Aufmerksamkeit für die Ladenöffnung zu erhöhen, wäre dies vollends geschmacklos.“ Die Theologin engagiert sich seit Jahren in der „Allianz für den freien Sonntag“.
Die Beschwerden wirkten. Das Einkaufszentrum zog alle Plakate und Online-Reklamen zurück. Statt Jesus wirbt jetzt ein junger Mann im Karohemd für den Sonntagseinkauf. Trotz des Rückziehers hält die Kritik an. Bernd Lülsdorf, Referent des Katholischen Dekanats Darmstadt, sieht „sehr viel Unverständnis und eine gewisse Traurigkeit über so wenig Sensibilität“. Er hat den Eindruck: „Hier werden religiöse Gefühle für einen offenen Sonntag verramscht.“
„So etwas soll nicht noch einmal passieren“
City-Managerin Anke Jansen bedauerte gegenüber der Lokalzeitung, dass die Werbung bestimmte Personengruppen in ihren religiösen Gefühlen verletzt habe. Das sei nicht das Ziel gewesen. In Zukunft sollten Arbeitsabläufe verändert werden, damit „so etwas nicht noch einmal passieren kann“. Sie sei nicht verantwortlich für die Annoncen einzelner Geschäfte. Die umstrittene Anzeige habe sie auch nicht vor dem Druck gesehen.
Von: Johannes Blöcher-Weil