Literarisches Roadmovie zu Gott

Sophia Fritz hat sich ideenreich und wortgewandt auf eine Suche nach dem Grund ihrer Sehnsucht nach Gott begeben. Die junge Autorin stellt fest: „Gott hat mir nie das Du angeboten.“ Eine Rezension von Norbert Schäfer
Von PRO
Gedanken über Beziehungen, Liebe und Nächstenliebe spielen für Sophia Fritz eine gewichtige Rolle bei der Suche nach Gott

Sophia Fritz studiert an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Die junge Frau, Jahrgang 1997, will Drehbuchautorin werden. „Ich bin gläubig oder ich versuche die Version von mir zu sein, die dem am nächsten kommt“, sagt die Autorin über sich selbst. In ihrem Buch „Gott hat mir nie das Du angeboten“ geht sie der Frage nach, woher ihre Sehnsucht und das Bedürfnis nach Gott kommen.

In einzelnen Episoden beschreibt Fritz, wie sie ihren Glauben empfindet und welche Assoziationen biblische Figuren und Freunde in ihr wecken. Das tut sie wortgewandt und mit viel Phantasie. Dazu begibt sie sich beispielsweise auf Wanderschaft mit dem Propheten Jona, dessen „Hände manchmal beim Zigarettenabschnippen noch zittern“. Oder sie lässt Sulamith und Tirza, zwei Geliebte von König Salomo, in einen fiktiven Briefwechsel treten über Treue, Liebe und Partnerschaft. Eine andere Episode schildert den fiktiven Plausch mit Maria Magdalena. Jesus hatte der Frau sieben Dämonen ausgetrieben. Jetzt sinniert sie mit der Autorin über die Seligpreisungen, Traurigkeit und die Prägung durch die Mutter. Über Jesus reden die Frauen allerdings nicht. „Wir können nicht über ihn reden, weil er nichts falsch gemacht hat“, schreibt Fritz. Die Autorin ist in ihren Gedanken über Glauben, Gott und Jesus oft provokant, aber nie blasphemisch.

Liebe und Zigaretten

Personen der Bibel durch die Augen der Autorin zu sehen, ist überraschend. Leider verfolgt die Autorin diese Idee nicht konsequent. Episoden nehmen den Leser auch mit in scheinbar reale Begebenheiten. Etwa in eine Cafeteria, bei einer Fahrt mit dem Auto oder der U-Bahn. Darin fragt sich die Autorin beispielsweise, warum Jesus nicht mit im Zug sitzt und „wie viel von meiner Suche nach Gott auf Komplexen beruht.“

Das Buch offenbart viel über die Autorin. Sie schreibt: „Ich weiß, dass ich an Gott glaube, weil ich daran glaube, dass die Liebe das Einzige ist, was nicht weh tun kann. Ich weiß auch nicht, ob Jesus bei mir ist. Aber wenn Jesus nicht in der U-Bahn sitzt, kann die Liebe trotzdem da sein.“ Liebe und Nächstenliebe sind zentrale Motive in dem Buch und spielen eine gewichtige Rolle. Auch die verschiedenen Facetten von Beziehungen werden in unterschiedlichen Kontexten verarbeitet. Genau wie Zigaretten. Mal geschnorrt, mal gekauft, mal selbst gedreht, mal gestopft, mal wohlig die Lungen füllend tauchen die Glimmstängel in dem Buch immer wieder auf.

„Wenn ich mir etwas aussuchen könnte, wäre mein Leben ein Gebet, und mein Sein wäre Nächstenliebe. Aber ich kann es mir nicht aussuchen“, schreibt Fritz. In den nicht zusammenhängenden einzelnen Episoden offenbart die Autorin, wie sie den Glauben empfindet, was sie sich vom ihm erhofft und wünscht. Leider kann der Leser den Gedankenfragmenten und -sprüngen der Autorin oft nur schwer folgen. Darin liegt aber auch ein Reiz. Hat man den Rhythmus der Sprache und Gedanken gefunden, macht das Lesen Spaß.

Fritz schreibt mit überraschenden Wendungen und Metaphern. Etwa, wenn sie über einen Bekannten schreibt: „Lukas ist wie ich, nur entkoffeinierter.“ Oder wenn die Autorin ihre Vorstellung vom Himmel beschreibt: „Im Himmel sind alle erst seit diesem Sommer zusammen.“ Ein literarisches Roadmovie über Beziehungen, die eigene Identiät und der Sehnsucht nach Gott. Ein schönes, kleines, authentisches Buch der Fragen, verwinkelten Gedankengänge, Gefühle und Zweifel. Weniger eine Sammlung erwartbarer Antworten, Bibelstellen und musterhaften Lösungen auf essentielle Fragen.

Sophia Fritz: „Gott hat mir nie das Du angeboten“, Herder, 176 Seiten, 18 Euro, ISBN 9783451383465

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