Der französische Wachkoma-Patient Vincent Lambert ist am Donnerstagmorgen in der Uniklinik in Reims verstorben. Das berichtet unter anderem die französische Tageszeitung Le Monde. Neun Tage zuvor hatten die Ärzte die lebenserhaltenden Maßnahmen gegen den Willen der Eltern eingestellt. Wie Spiegel Online berichtet, quittierten medizinische Gutachter, dass Lambert nicht mehr bei Bewusstsein sei und sein Zustand sich auch nicht mehr bessern werde.
Ende Juni entschied Frankreichs höchstes Gericht, dass die Behandlung des Patienten beendet werden dürfe. Mit dem Tod des 42-Jährigen endet der jahrelange Kampf um Lamberts Leben. Immer wieder traf sich die zerstrittene Familie des Mannes vor Gericht.
„Der Tod von Vincent ist jetzt unvermeidlich“
Lamberts Ehefrau, Rachel Lambert, wollte ihren Mann „in Würde gehen lassen“. Vor einigen Jahren sagte sie, er habe sich nie gewünscht, dass sein Leben künstlich verlängert werde. Eine entsprechende Patientenverfügung gab es nicht. Die katholischen Eltern des Patienten wollten den Tod ihres Sohnes verhindern und klagten. Sie scheiterten immer wieder vor Gericht in ihrem Land sowie vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Anfang der Woche gaben die Eltern schließlich bekannt, dass sie auf weitere rechtliche Schritte verzichten wollen: „Dieses Mal ist es vorbei“, schrieben sie in einem Brief. „Der Tod von Vincent ist jetzt unvermeidlich.“ Sie könnten sich „nicht mehr vorstellen, den tödlichen Prozess aufzuhalten“, erklärte der Anwalt der Eltern laut dem Sender France Info. Das Ende der medizinischen Behandlung beschrieb Vater Pierre Lambert als „eine getarnte Ermordung, eine Sterbehilfe“.
„Keine Zivilisation aufbauen, die Menschen beseitigt“
Papst Franziskus äußerte sich auch zum Ergehen des Wachkoma-Patienten. Im Mai forderte er, „der Wegwerfkultur keinen Raum [zu geben]“. Am Donnerstag schrieb der Pontifex bei Twitter: „Möge Gott, der Vater, Vincent Lambert in seinen Armen willkommen heißen. Lasst uns keine Zivilisation aufbauen, die Menschen beseitigt, deren Leben unserer Meinung nach nicht mehr lebenswert ist: Jedes Leben ist wertvoll, immer.“
Am Montag hatten sich vor der Basilika Sacré-Coeur in Paris Unterstützer des Patienten verabredet. Sie wollten gegen die „programmierte Ermordung“ Lamberts protestieren, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Der Erzbischof von Paris, Michel Aupetit, verglich laut FAZ Lamberts Zustand mit dem des verunglückten Rennfahreres Michael Schumacher. Der Geistliche warnte vor einer Zweiklassengesellschaft, in der nur Menschen mit Vermögen ihre Angehörigen pflegen könnten, die Gerätschaften bei Kassenpatienten aber aus Kostengründen abgestellt würden.
Vor rund zehn Jahren verletzte sich Lambert bei einem Verkehrsunfall schwer am Kopf. Seitdem befand er sich in einem vegetativen Zustand, einer Art Wachkoma. In der Regel haben solche Patienten die Augen geöffnet und erscheinen wach, sie reagieren aber nicht auf äußere Einflüsse und fixieren keine Gegenstände. Das Stammhirn ist jedoch aktiv, Atmung, Reflexe und Blutdruck sind geregelt.
Vor drei Jahren sorgte ein Video für Aufsehen. Darin reagierte Lambert dem Anschein nach auf den Anruf seiner Mutter, blinzelte seinem Bruder zu und bewegte den Mund. Der online veröffentlicht Clip soll nach Meinung seiner Eltern zeigen, dass ihr Sohn auf äußere Reize reagiert.
Von: Martina Blatt