Das Veranstaltungszelt ist bereits gut gefüllt. Während draußen noch Leute in der Schlange für die Anmeldung stehen oder Fußball spielen, werden im Hauptzelt bereits erste „Halleluja“-Wechselgesänge zwischen Frauen und Männern angestimmt. Obwohl noch einige Zeit bis zum offiziellen Start des diesjährigen Pfingstreffens ist, bringen die Jugendlichen sich schon in Stimmung. Auf den Leinwänden im Zelt werden Postings aus den sozialen Netzwerken mit dem Hashtag „#pjt19“ („pjt“ steht für Pfingstjugendtreffen) gezeigt. Das lässt die Stimmung weiter steigen und animiert, noch mehr Bilder vom Pfingstjugendtreffen zu posten.
Auch dieses Jahr sind wieder tausende junge Menschen ins württembergische Aidlingen auf das Gelände des Diakonissenhauses gepilgert und haben Zelte aufgeschlagen, um gemeinsam Pfingsten zu feiern. Das Motto des Treffens vom 8. bis 10. Juni lautet: „Jeder Tag zählt“.
Dabei wird in den Predigten den Jugendlichen Mut gemacht, aus ihrem Alltagsgrau herauszutreten. Kai Günther vom CVJM betont, dass man als Christ auch entsprechend leben müsse, wenn denn jeder Tag zähle. Man solle Gottes Licht in den Alltag scheinen lassen. Denn das Gute an der „guten Nachricht“ sei, dass Jesus immer da ist und einen liebt. „Er ist da, auch wenn sich dein Tag mal nicht für eine Instagram-Story eignet“.
Gutes Wetter und Wasserrutsche
Am Sonntagmorgen kommen auch Ulrike und Doro auf dem Festgelände an. Beide haben sich erst vor ein paar Minuten kennengelernt. Der gemeinsame Nenner: natürlich das Pfingstjugendtreffen. Auf der Busfahrt haben sie auch einen jungen Mann angesprochen. Obwohl er nicht mitkommen wollte, „haben wir ein echt gutes Gespräch mit ihm geführt“. Doro ist heute zum ersten Mal in Aidlingen dabei. Ulrike war schon öfter hier, auch weil sie hier drei Jahre Bibelschule absolvierte. Für sie ist das Pfingstjugendtreffen bei gutem Wetter am schönsten. „Da kann man sich auch mal eine halbe Stunde entspannt in die Sonne legen.“ Wie passend, dass an diesem Tag die Sonne mit voller Kraft scheint.
Das Wetter sei die vergangenen Jahre nicht so gut gewesen, erzählen die Schwestern des Diakonissenmutterhauses. Umso dankbarer seien sie jetzt. Bei angenehmen Temperaturen sind die Wiesen rund um das Diakonissenmutterhaus prall mit Besuchern gefüllt. Die einen spielen Fußball, andere American Football oder Volleyball. Einige haben Instrumente mitgebracht und machen Lobpreis und überall sitzen oder liegen die Jugendlichen auf Decken und genießen das Miteinander. Am Sonntag wird sogar an einem Hang eine Wasserrutsche gebaut.
Aidlingen bietet aber nicht nur Sport und Spaß. Im Hauptzelt finden rund um die Uhr Veranstaltungen statt, die auch live ins Internet übertragen werden. Neben Gottesdiensten, und Anbetungskonzerten mit der „pjt-Band“ und den O‘Bros gibt es auch verschiede Seminare und Gebetsmöglichkeiten.
Diakonissen sind mittendrin
Genau dieser Mix aus verschiedenen Angeboten sei es, der das Pfingstjugendtreffen so attraktiv mache, erzählt Schwester Irmgard Richter. Das, was die jungen Menschen aber am meisten anziehe, sei die Gemeinschaft untereinander. Viele Menschen seien heute auf der Suche nach Heimat und Beziehung. In Aidlingen könne man das finden. Jeder sei willkommen.
Zu diesem Gefühl des Willkommenseins tragen die evangelischen Schwestern einen großen Teil selbst bei. Auch wenn sie optisch auf dem ersten Blick in ihrer einheitlichen Tracht mit weißen Hauben nicht so richtig ins Bild zu passen scheinen, vermitteln sie doch ein Gefühl der Zugehörigkeit und Heimat. Mit großer Ausdauer versorgen sie die hungrigen Teilnehmer mit Essen und Getränken und haben selbst nach Stunden an der Essensausgabe noch ein Lächeln für die jungen Leute übrig. Das imponiert.
„Nah an Jugendkultur und nah an Gott“
Am Sonntagmorgen besuchen 7.200 Menschen den Gottesdienst. Neben männlichen Teilnehmern, die in Zelten übernachtet haben und den weiblichen, die in Schulen und Hallen in der Umgebung Schlafmöglichkeiten gefunden haben, sind nun auch viele Tagesgäste dabei. Obwohl Aidlingen bis jetzt immer irgendwie „laut“ war, erlebt das Treffen nun einen Moment der Ruhe. Nachdem der Predigttext einmal vorgelesen wurde, soll ihn jeder Teilnehmer nochmals für sich allein lesen. Es herrscht absolute Stille. Eine beeindruckende Atmosphäre. Nach dem Lesen und dem anschließenden Austausch mit dem Sitznachbarn haben die Gottesdienstbesucher nun die Möglichkeit, via Smartphone ihre Fragen zum Text zu stellen. Diese werden während der Predigt beantwortet.
Auch das sei ein Erfolgsfaktor, erzählt Schwester Irmgard. Man wolle „so nah wie möglich an der Jugendkultur dran sein, aber auch mindestens so nah am Wort Gottes“. Beides schließe sich nicht aus. Das betont auch Schwester Caroline Hornberger, die die Presseabteilung des Diakonissenmutterhauses leitet. Die Predigten seien ein ebenso wichtiger Faktor wie der Eventcharakter der Veranstaltung. So würden beispielsweise die online abrufbaren Audiodateien tausendfach aufgerufen.
Pfingstjugendtreffen wird im Gebet getragen
Bereits seit mehr als 70 Jahren wird in Aidlingen mit Jugendlichen Pfingsten gefeiert. Dafür gibt es sogar ein eigenes Organisationsteam. Insgesamt seien ungefähr 800 Mitarbeiter im Einsatz, um für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Schwester Irmgard sieht neben der tatkräftigen Arbeit auch die Hilfe der vielen Beter. Gerade Schwestern, die körperlich nicht mehr so stark anpacken könnten, beteten das ganze Jahr für das Treffen. Dieser Dienst sei mindestens genauso wichtig.
Von: Martin Schlorke