Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche hat 2018 gegenüber dem Vorjahr um 0,2 Prozent abgenommen. Das meldete das Statistische Bundesamt am Mittwoch. Demnach wurden 2018 insgesamt 100.986 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemeldet und somit von der offiziellen Statistik erfasst. 2017 waren rund 200 Kinder mehr abgetrieben worden. Die amtliche Statistik verbucht für 2017 insgesamt 101.209 gemeldete Abtreibungen. Für das Jahr 2018 bedeutet dies einen Rückgang der Abtreibungen von rund 0,2 Prozent, nachdem deren Zahl im Vorjahr erstmals wieder deutlich angestiegen war.
Kaum Abtreibungen aus medizinischen Gründen
Die überwiegende Mehrheit (96 Prozent) der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Nur in vier Prozent der Fälle wurde als Indikation ein medizinischer Grund oder ein Sexualdelikt als Begründung für den Abbruch angeführt. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant und wurden meist (80 Prozent) in gynäkologischen Praxen durchgeführt.
Nach Angaben der Behörde waren knapp drei Viertel der Frauen, die 2018 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, zwischen 18 und 34 Jahre alt. 17 Prozent der Frauen die sich für eine Abtreibung entschieden waren im Alter zwischen 35 und 39 Jahren. Rund acht Prozent der Frauen waren 40 Jahre und älter. Die unter 18-Jährigen hatten einen Anteil von drei Prozent. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, hatten rund 40 Prozent der Frauen vor dem Schwangerschaftsabbruch noch keine Lebendgeburt.
Der Politik-Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA), Uwe Heimowski, erkennt in dem „minimalen Rückgang“ der Abtreibungszahlen „wahrlich keinen Grund zur Freude“. Meist würde der Abbruch mit der psycho-sozialen Situation der Mutter begründet. „Die Zahl ist für ein reiches Land wie Deutschland erschütternd hoch und ein Armutszeugnis“, sagte Heimowski auf Anfrage. Er fordert eine Debatte über Abtreibung, die „nicht ausschließlich über die Rechte der Frauen“ geführt werde, sondern auch das zu schützende, ungeborene Leben in den Blick nehme.
In der öffentlichen Diskussion, die dem Kompromiss über den Paragrafen 219a voranging, sei von Befürwortern der legalisierten Abtreibung oft argumentiert worden, dass es ein Informationsdefizit gebe. Dies sei nicht der Fall. „Die Zahl von mehr als 100.000 Abtreibungen zeigt sehr deutlich, dass die Informationen auch zu den Frauen gelangen“, erklärte Heimowski. Dies offenbare auch die Tatsache, dass 96 Prozent der Frauen über den Weg der Beratungsregelung die Schwangerschaft abgebrochen hätten und nicht etwa wegen medizinischer oder kriminologischer Indikation.
Studie soll Folgen offenlegen
Im Februar hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und Union einen umstrittenen Kompromiss zum Werbeverbot, dies regelt der Paragraf 219a des Strafgesetzbuches, für Schwangerschaftsabbrüche beschlossen. Demnach dürfen Ärzte künftig auf ihrer Internetseite informieren, dass sie Abtreibungen durchführen. Dies war bislang unter Strafe verboten. Darüber hinaus sollen von offizieller behördlicher Seite und der Bundesärztekammer Listen veröffentlicht werden, auf die gynäkologischen Praxen veweisen dürfen. Dort sollen Schwangere Namen und Adressen der Ärzte erfahren, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, und die Methoden, mit denen sie dies tun. Die Ärzte selbst dürfen weiterhin keine weitergehenden Informationen über Methoden, Risiken oder Vorgehen veröffentlichen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will in einer wissenschaftlichen Studie die „seelischen Folgen“ von Schwangerschaftsabbrüchen untersuchen lassen. Über diese Inititiative gehen die Meinungen auseinander. SPD- und Linkenpolitikerinnen äußerten sich empört über den Vorstoß. Cornelia Möhring von der Linken unterstellte dem Minister, die Regierung verfalle „der Argumentation der Abtreibungsgegner“. Die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl erkennt nach Angaben der taz in dem Vorhaben gar rechtsextremes Gedankengut.
Von: Norbert Schäfer