„Muslime und mit ihnen der Islam sind ein Teil Deutschlands“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble am Donnerstagabend in Berlin. Anlass war die Vorstellung des Buchs „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“ seines Partei- und Fraktionskollegen Carsten Linnemann. Ziel müsse es sein, einen Islam zu schaffen, der sich in Deutschland zu Hause fühle, sagte Schäuble weiter. Das aber sei nicht Aufgabe des Staates. Schäuble würdigte Kräfte des liberalen Islam und wandte sich gegen eine pauschale Abwertung ihres Glaubens. Niemand könne ein Interesse daran haben, dass der Islam zum Feindbild werde. Es sei ein Zerrbild.
Zuwanderer sollen deutsche Leitkultur akzeptieren
Deutlich wandte er sich gegen einen fundamentalistischen Islam: „Religion ist politisch, aber sie ist nicht Politik“, sagte Schäuble. Wenn religiöse Kräfte die Trennung zwischen Kirche und Staat zu überwinden versuchten, könnten sie sich nicht länger auf ihre Religionsfreiheit berufen. Er sprach sich für eine breite und ehrliche Debatte über den Islam in Deutschland aus. „Wer Probleme benennt, gilt schnell als Islamfeind oder Rechtsradikaler“, sagte Schäuble. Wer sie nicht benenne, werde ebenfalls kritisiert. Dabei biete die Debatte auch der islamischen Welt die Chance, Freiheit und Vielfalt als etwas Positives zu erkennen.
Vielfalt und Toleranz könne es nur dann geben, wenn alle eine gemeinsame Wertebasis akzeptierten. „Wir müssen von Zuwanderern aus anderen Kulturen fordern, dass sie unsere Lebensweise respektieren“, sagte der Bundestagspräsident. Aber nicht alle Werte, die heute als selbstverständlich gesehen würden, gehörten seit 70 Jahren zu einer deutschen Leitkultur. Schäuble verwies auf die Rechte von Frauen und die von Homosexuellen. Der ehemalige Innen- und Finanzminister forderte deshalb klare Regeln und Grundsätze. Diese seien umso wichtiger, je bunter und vielfältiger eine Gesellschaft werde.
Agenda für den Umgang mit dem politischen Islam
Auch Carsten Linnemann, Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, verfolgt das Ziel, eine neue Agenda für den Umgang mit einem fundamentalistischen Islam in Deutschland zu entwickeln. In seinem Buch, das er gemeinsam mit dem Juristen Winfried Bausback im Verlag Herder heraugegeben hat, fordert er eine Reihe von Maßnahmen. Linnemann will gegen in Deutschland gelebte Mehrehen vorgehen und das Strafgesetzbuch so ergänzen, dass kulturelle und religiöse Prägungen weniger Berücksichtigung bei einer Strafzumesung finden. Er ist für ein Verbot von Kopftüchern in Schulen für Mädchen unter 14. Deutschkenntnisse sollen für Grundschüler Pflicht sein und der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund in Schulklassen soll auf 35 Prozent begrenzt werden.
Linnemann will ein Zentralregister religiöser Vereine in Deutschland einführen und festschreiben, dass diese ihre Finanzierung offenlegen müssen. Imame aus dem Ausland sollen sich unter anderem der deutschen Werteordnung verpflichten und sich einer breiten Sicherheitsprüfung unterziehen. Kräfte des liberalen Islam will der Politiker stärker gefördert sehen. Migranten sollen sanktioniert werden, wenn sie Integrationsverpflichtungen nicht erfüllen.
Zu den Autoren des Buches „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“ gehören etwa der Journalist Joachim Wagner, die Islamkritikerin Necla Kelek, Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher oder der Grünen-Politiker Boris Palmer. Bei der Vorstellung des Buchs kritisierte Wagner eine mangelnde Offenheit der Medien gegenüber islamkritischen Thesen. Er habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die öffentlich-rechtlichen Sender das Thema ausblendeten. Islamkritiker würden häufig in die rechte Ecke gestellt.
Von: Anna Lutz