Das Land Rheinland-Pfalz hat einer muslimischen Kindertagesstätte in Mainz die Betriebserlaubnis entzogen. Der Träger der Al-Nur-Kita, der Mainzer Moscheeverein Arab Nil Rhein, vertrete Inhalte der islamistischen Muslimbruderschaft und des Salafismus, berichtete der Nachrichtensender n-tv am Montag. Nach Angaben des Präsidenten des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV), Detlef Placzek, stehe der Träger nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. Die Kita muss nun zum 31. März den Betrieb einstellen. Nach Angaben von n-tv hat der Vorsitzende des Moscheevereins, Samy El Hagrasy, die Vorwürfe extremistischer Bestrebungen zurückgewiesen und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht angekündigt.
Kita muss gesellschaftliche Integration gewährleisten
„Ein Träger einer Kindertagesstätte muss gewährleisten, dass er auf dem Boden des Grundgesetzes steht“, erklärte das LSJV am Mittwoch gegenüber pro. Auch die von „den Sicherheitsbehörden übermittelten Erkenntnisse“ belegten, dass dies „offenbar nicht der Fall“ sei. „Die gesellschaftliche Integration muss gewährleistet werden und dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Kita keine Kontakte nach außen pflegt und die Kinder so nicht die Möglichkeit haben, andere religiöse und gesellschaftliche Vorstellungen kennen zu lernen und zu erleben“, teilte die Behörde auf Anfrage mit.
Die Erkenntnisse des LSJV, die zum Entzug der Betriebserlaubnis geführt haben, speisen sich eigenen Angaben vom Mittwoch zufolge „aus öffentlichen Quellen“ die der Behörde bekannt geworden sind, sowie „mittels eines sogenannten Behördenzeugnisses des Verfassungsschutzes“.
Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz erklärte gegenüber pro, im Falle des Arab-Nil-Rhein-Verein lägen „seit mehreren Jahren Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen vor“, es gebe wiederholt Bezüge zur Muslimbruderschaft und „in geringerem Maße“ der gewaltfreien Ausprägung des Salafismus. Details zum Inhalt könnten nicht mitgeteilt werden.
Das LSJV hat den Träger und die Einrichtung nach eigenen Angaben in Bezug auf die Umsetzung pädagogischer Fragen begleitet und dabei auch zur sprachlichen Integration der Kinder Erkenntnisse gewonnen. „Diese Erkenntnisse beruhen auf Gesprächen mit dem Vertreter des Trägers, Einrichtungsbesuchen und auch mit Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirates“, teilte das LSJV am Mittwoch mit.
Subsidiarität fördert Vielfalt
Angelika Zoll, Bildungsreferentin der „Stiftung für Christliche Wertebildung“, verantwortet das „KitaStarter Netzwerk“. Ein Netzwerk von Kita-Fachleuten, das Initiativen bei der Gründung ausdrücklich christlich geprägter Kindertagesstätten berät. Sie begrüßt die Kontrolle der Kindertagesstätten durch die zuständigen Behörden ausdrücklich. Auf Anfrage von pro erklärte Zoll: „Dass der Staat kontrolliert, ob Organisationen, die öffentliche Kitas anbieten und dafür öffentliche Mittel erhalten, auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, finden wir absolut richtig.“ Die Gefahr, dass christliche Kitas wegen ihrer „Christlichkeit“ betroffen sein könnten, sieht Zoll nicht. Das Prinzip der Subsidiarität fördere die Vielfalt unterschiedlicher Träger. „Wenn jedoch eine christliche Kita die Erfordernisse der Betriebserlaubnis nicht erfüllt, kann selbstverständlich auch dieser die Betriebserlaubnis entzogen werden“, erklärt Zoll.
Die Voraussetzungen für den Betrieb einer Kita sind in Paragraf 45 VIII des Sozialgesetzbuches geregelt. Wer diese erfüllt, kann einen Antrag zur Betriebserlaubnis für eine Kita stellen. Die wesentlichen Voraussetzungen sind nach LSJV-Angaben: Der Träger muss zuverlässig sein und die Gewähr dafür bieten, dass die „der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen erfüllt sind“. Die gesellschaftliche und sprachliche Integration der Kinder muss nach Aussage des LSJV unterstützt werden. „Zudem müssen in der Einrichtung Verfahren für die Beteiligung der Kinder und ihrer Eltern und Beschwerdemöglichkeiten installiert und angewendet werden.“ Jede Kindertagesstätte müsse vor Erteilung der Betriebserlaubnis eine Konzeption vorlegen, die die wesentlichen pädagogischen Grundsätze in der Einrichtung darstellt. Daraus müsse sich ergeben, dass alle Voraussetzungen, die § 45 SGB VIII benennt, in der Einrichtung umgesetzt werden. „Kommen dabei Zweifel auf, so wird der Träger aufgefordert, die Konzeption entsprechend zu überarbeiten“, erklärt das LSJV. Die Umsetzung in der pädagogischen Arbeit werde immer spätestens dann überprüft, wenn es dazu einen – gegebenenfalls auch geringfügigen – Anlass gebe.
Von: Norbert Schäfer