Der vietnamesische Fotograf Nick Út hielt einen Moment fest, wo das Mädchen verzweifelt, nackt und voller Schmerzen vor den Angriffen wegrennt. Das Foto ging um die Welt und hat sich ins Gedächtnis der westlichen Zivilisation eingebrannt, ähnlich wie Buzz Aldrin auf dem Mond oder der Mann mit Aktentasche, der sich auf dem Tian’anmen-Platz chinesischen Panzern entgegenstellte.
Was viele nicht wissen: Das Mädchen auf dem damaligen Foto, die Vietnamesin Kim Phuc Phan Thi, ist heute gläubige Christin und lebt mittlerweile in Kanada. Die als „Napalm Girl“ bekannt gewordene Kim trägt noch immer die Brandwunden von damals auf ihrem Körper, doch seelisch ist sie nicht in der Rolle des Opfers verharrt. In einem Fernsehinterview mit dem amerikanischen Sender CBS sagte sie, sie habe irgendwann in einer Bibliothek angefangen, in einem Neuen Testament zu lesen. Dadurch habe sie den Sinn in ihrem Leben gefunden. „Als ich Christ wurde, bekam ich so viel Frieden in mein Herz“, sagte sie. Sie konnte den Militärs, die mit dem Napalm ihren und den Tod so vieler erreichen wollten, vergeben und ist als „Botschafterin des guten Willens“ der Unesco unterwegs und gründete vor 20 Jahren eine Stiftung für vom Krieg versehrte Kinder.
Als internationale Friedensaktivistin wurde die heute 55-Jährige für ihren unermüdlichen Einsatz für Versöhnung und Vergebung nun mit dem Dresdner Friedenspreis geehrt. Die internationale Auszeichnung, die mit 10.000 Euro dotiert ist, hat ihr der Friedenspreisträger des Jahres 2015, der Herzog von Kent, überreicht. Die Unesco-Botschafterin erhalte die Auszeichnung, weil sie sich als Opfer dem Hass verweigert habe, sagte der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der Ehrenmitglied des auslobenden Vereins Friends of Dresden Deutschland ist.
Bei der Preisverleihung sagte Kim, was ihr geholfen habe, nach dem Horror den Tätern zu vergeben: ihr christlicher Glaube. Sie bete jeden Tag für den Frieden der Welt. Bis heute leide sie an den Folgen des Angriffs, sagte die Vietnamesin, deren Haut noch immer schwer von den Verbrennungen gezeichnet ist. Doch: „Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber mit Liebe können wir die Zukunft heilen“, betonte die Preisträgerin in Dresden. Sie rief dazu auf, sich Vorurteilen und Hass entgegenzustellen. In seiner Laudatio sagte der US-amerikanische Kriegsfotograf James Nachtwey, Kim habe aus einem Leben des Krieges ein Leben des Friedens gemacht. Kim selbst sagte im Fernsehinterview, dass das Foto von damals zu einem Werkzeug für Gott geworden sei. „Offenbar hatte Gott noch einiges vor mit mir.“
Von: Jörn Schumacher