Zu viele Medienberichte über den Islam sorgen für eine verzerrte Wahrnehmung von Muslimen in Deutschland und schüren Ängste vor dem Islam. Das stellte die Journalistin Dunja Ramada kürzlich in einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung fest. Liegt also die Lösung in weniger öffentlichen Debatten zum Islam? Keinesfalls, findet der Psychologe und Buchautor Ahmad Mansour. Diese Rechnung – keine Berichterstattung, dafür weniger Ängste – funktioniere nicht, weil damit die Realität außer Acht gelassen werde. Beispiele wie Radikalisierung, Ablehnung von Demokratie oder antisemitisch motivierte Übergriffe auf Juden würden die Menschen nicht nur aus Nachrichtensendungen oder Talkshows kennen. Mansour ist sich sicher, dass viele Bürger in ihrem Alltag damit in Berührung kommen.
Die Folge dieser „diffusen Ängste“ sei häufig eine „rechte Gegenradikalisierung“. Um dieser „Polarisierung“ Herr zu werden, bedürfe es eines demokratischen Diskurses, schreibt er. Wenn man diese Themen weiter tabuisiere, „überlassen wir die Deutungshoheit den Rechtsradikalen und ihrem Schwarz-Weiß-Denken, das von Unterwanderung, Lügenpresse und Islamisierung fabuliert“, so Mansour weiter.
„Presse- und Meinungsfreiheit stehen über religiösen Gesetzen“
Ausgestrahlte Inhalte müssen für Mansour auf der „Grundlage des Grundgesetzes sachlich, faktisch klar und ausgewogen“ sein. So könne man Angriffe von jedweden politischen Rändern auf die Demokratie abwehren. Außerdem führe das zu einem „demokratischen Diskurs“, der Argumente und Gegenargumente gleichermaßen zulasse. Wenn er auf „Verbindungen zwischen autoritativem und patriarchalem Verständnis des Islam, der dem Islamismus zugrunde liegt“, hinweise, müssten das seine Kritiker aushalten. Schließlich stehe das Grundgesetz in Deutschland über religiösen Texten.
Mansour bemängelt weiterhin die deutsche und europäische Integrationspolitik. Aus seiner Erfahrung und seinen Kontakten heraus könne er sagen, dass auch Moscheeverbände teilweise ein „Hindernis für die Integration“ seien. Oftmals werde er aufgrund seiner Position zu diesem Thema angegriffen. Es könne aber nicht sein, dass man die Debatte verweigere, indem man seinen politischen Gegnern „Islamfeindlichkeit oder Rassismus“ vorwerfe.
Für die Zukunft wünscht sich der deutsch-israelische Psychologe mehr „Demokratiefähigkeit“ im Diskurs. Das „stärke die Freiheit des Wortes und der Debatte“. Genau dies mache „die Schönheit unserer Demokratie“ aus.
Von: Martin Schlorke