Am Sonntag beginnt die Adventszeit. Christen bereiten sich auf das Weihnachtsfest vor. Es ist eine Zeit des Wartens. Meistens ist Warten lästig. Ob im Stau, an der Kasse oder in Behörden: Uns kann es in der Regel nicht schnell genug gehen. Die Adventszeit ist anders. Sie ist eine schöne Zeit des Wartens, die nicht nur von Weihnachtsstress, sondern auch von Vorfreude geprägt ist. Der Heilige Abend ist eben kein plötzliches Ereignis, das wie ein Blitzschlag in den Alltag einschlägt. Kein Wunder, denn auch der eigentliche Anlass, die Geburt Jesu Christi, hat sich – wie bei Schwangerschaften üblich – über Monate abgezeichnet. „In freudiger Erwartung“ sind auch heute noch Paare, die ihren Nachwuchs bisher nur von Ultraschallfotos kennen.
Eine Geburt war es auch, die vor kurzem die Schlagzeilen bestimmte. Von Freude allerdings keine Spur. „Ein Mann spielt Gott“ titelte die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag. Der chinesische Forscher He Jiankui hat wohl das getan, wovor seine Kollegen lange gewarnt hatten: Er hat das Erbgut von Babys verändert, die nun geboren sind. Der Vater der Zwillinge ist mit HIV infiziert. He hat mit einem Eingriff in die Gene der Embryonen nach eigenen Angaben sichergestellt, dass sie gegen das HI-Virus immun sind. Dazu nutzte er eine relativ neue Technologie namens „Crispr/Cas9“.
Schon 2016 berichtete die pro in ihrer Printausgabe von den ethischen Gefahren, die von der sogenannten „Genschere“ ausgehen. Damit ist es leicht, punktgenaue Veränderungen am Genom eines jeden Lebewesens vorzunehmen. Es gibt aber gerade bei der Anwendung am Menschen große Risiken. Die Methode ist längst nicht sicher. Schwerste Fehlbildungen und Krankheiten wären die Folge, wenn die Prozedur schiefgeht.
Alleine deswegen ist das Echo aus der Wissenschaft vernichtend. „Es handelt sich um ein Versagen der Selbstregulierung unserer Gemeinschaft“, sagte etwa David Baltimore, Nobelpreisträger und Koryphäe auf diesem Gebiet. He hatte sich entgegen allen ethischen Standards zu dem Schritt entschieden. Selbst in China, das sonst nicht gerade für seinen vorbildlichen Umgang mit Menschenrechten bekannt ist, sind Versuche am menschlichen Embryo nach dem 14. Tag nicht erlaubt. Doch He wollte nicht länger warten.
Auf einer Stufe mit den Unvollkommenen
Eine Welt ohne Krankheiten und Fehlbildungen erscheint auf den ersten Blick als hehres Ziel. Doch so einfach ist das nicht. Selbst wenn die Eingriffe sicher wären, drohen viel höhere Gefahren: Können Eltern künftig Designerbabys mit Wunsch-Augenfarbe, Talent fürs Geigespielen und gegen Aufpreis mathematische Begabungen im Katalog bestellen? Was ist mit Eltern, die sich gegen Crispr/Cas9 entscheiden? Werden Menschen mit Behinderungen künftig noch stärker ausgegrenzt?
An Weihnachten steht eine andere Botschaft im Vordergrund. Gott wird in Jesus Mensch. Seine Liebe zeigt sich gerade dadurch, dass er die himmlische Perfektion, seine „göttliche Gestalt“, aufgab, wie es im Philipperbrief heißt, und sich mit den unvollkommenen Menschen auf eine Stufe stellte: Er wurde einer von uns. Darauf lohnt es sich zu warten.
Von: Nicolai Franz