Die am 16. August 2018 verstorbene Sängerin Aretha Franklin war eine der bekanntesten Gospel-Sängerinnen der Welt. Ende der 1960er Jahre gelang ihr mit „Respect“ der Aufstieg zum Megastar, sie wurde zudem ein Gesicht der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Ihr Vater war nicht nur ihr Mentor, sondern auch Pastor. Er gründete die New Bethel Baptist Church in Detroit, Michigan, und war mit Martin Luther King befreundet.
Im Jahr 1972 beauftragte das Filmstudio Warner Bros. den Filmregisseur Sydney Pollack („Tootsie“, „Eyes Wide Shut“, „Jenseits von Afrika“) damit, einen Konzertfilm über die bekannte Sängerin zu drehen. Die Dreharbeiten in der New Temple Missionary Baptist Church in Los Angeles dauerten zwei Tage. Franklin sang Lieder wie „How I Got Over”, „Precious Memories” und eine ganze elf Minuten dauernde Interpretation von „Amazing Grace”.
„Doch Sydney Pollack hat versagt“, schreibt das amerikanische Magazin The Daily Beast. Der Regisseur habe keine Filmklappen benutzt, die jedoch notwendig sind, um Ton und Bild später im Schnitt synchronisieren zu können. In all den Jahren fasste niemand das Material an. Erst im Jahr 2007, ein Jahr vor Pollacks Tod, kaufte der Musikproduzent Alan Elliott das Rohmaterial von Warner Bros. Denn er wollte den Film bearbeiten und veröffentlichen. Dank Digital-Technik war es mittlerweile einfacher geworden, das Material zu bearbeiten.
„Gänsehaut“
Aretha Franklin selbst versuchte zeit ihres Lebens die Veröffentlichung des Films zu verhindern. Im Jahr 2011 erklärte sie, der Film wolle ihre Popularität ohne ihr Einverständnis ausnutzen. Im Jahr 2015 vereitelte sie über ihre Anwälte die Aufführung auf dem „Telluride and Toronto International Film Festival“.
Dies löste Spekulationen darüber aus, ob Franklin etwas verbergen wolle oder warum sie sonst etwas an dem Filmmaterial auszusetzen habe. „Nachdem wir den Film bei der Pressevorführung am Montag gesehen haben, können wir versichern, dass an ihm nichts Skandalöses ist“, schreiben die Autoren von The Daily Beast. Franklin selbst spreche in dem Film kaum, und sie verhalte sich in keinster Weise auffällig.
Die Dokumentation „Amazing Grace“ feierte am Montag Premiere auf dem Dokumentarfilm-Festifal „DOC NYC“ in New York. Zu sehen ist vor allem die singende Aretha Franklin, von der Kirche, den anderen Beteiligen sowie vom anwesenden Pastor James Cleveland sei eher wenig zu sehen. Ein Rezensent des Films von The Daily Beast schreibt: „Von der Art wie sie bewusst und geduldig das erste ‚ah…‘ von ‚Amazing Grace‘ schnurrt, bis hin zur mächtigen Wand aus Klang, die vom Chor der Southern California Community kommt, die Franklins Stimme immer noch höher treibt, das alles ruft eine Gänsehaut hervor.“
Aretha Franklins Nichte und Erbin der Rechte am Nachlass der Sängerin, Sabrina Owens, sagte in einem Interview der New York Times: „Ihre Fans müssen diesen Film sehen, der so echt und fröhlich ist. Die ganze Welt sollte ihn sehen. Unser Land braucht das, gerade in dem Zustand, in dem es sich derzeit befindet.“
Von: Jörn Schumacher