Die Herausforderung in der christlichen Publizistik liegt darin, zielgruppenspezifisch die bestehenden Marken und Produkte so weiter zu entwickeln, dass sie mit einer relevanten Größenordnung und relevanten Reichweiten die jungen Zielgruppen erreichen. Diese Auffassung hat der Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), Jörg Bollmann, in einem Gespräch mit pro am Rande der Frankfurter Buchmesse vertreten.
„Wenn wir die jungen Leute und auch die Menschen im mittleren Alter bis 40 erreichen wollen, werden wir mit den vorhandenen Produkten tatsächlich nicht mehr auf alle Marktplätze kommen, auf denen sie sich tummeln“, sagte Bollmann. Es gelte, die spezifischen Altersgruppen adäquat zu adressieren und den jungen Menschen klar zu machen, dass der Glaube eine Bereicherung für das Leben sei. Die Begeisterung für den Glauben könne jedoch nicht mehr nur mit den kommunikativen Mitteln von vor 50 Jahren geweckt werden. „Dass sich junge Menschen für Jesus Christus öffnen, das halte ich aber für möglich.“
Bischöfe sind keine Influencer
Allgemein erkennt er einen Wachstumskurs digitaler christlicher Angebote. Seiner Meinung nach verfügen der christliche Glaube und die Kirchen nach wie vor über aktuelle Inhalte, mit denen Interesse geweckt werden kann. „Die Kirche hat sich lange in der Lebenswelt der Menschen behauptet und tut das immer noch, auch wenn die Mitgliederzahlen zurückgehen.“ Das, was der christliche Glaube zu sagen habe, sei hochaktuell, erklärte Bollmann und verwies im Zusammenhang der Nächstenliebe auf die Art und Weise, wie derzeit miteinander umgegangen werde.
Bollmann äußerte sich besorgt über Zeitbedrängnisse, etwa durch exzessiven Social-Media-Konsum. Den Menschen sei darüber die Perspektive für „das Jenseitige“ abhanden gekommen. „Ohne Jenseitsperspektive wird es sehr drangvoll in der kurzen Zeit des Lebens, wie wir es kennen“, sagte Bollmann. Diese Perspektive biete der Glaube.
Mit dem Gedanken, Bischöfe der Landeskirchen als Influencer für den christlichen Glauben aufzubauen, wollte sich Bollmann nicht anfreunden. Die 14- bis 20-Jährigen interessierten sich nicht dafür, was Menschen sagten, die 50 oder 60 Jahre alt sind. „Jugendliche interessieren sich für Gleichaltrige und dafür, dass Gleichaltrige ihnen etwas zu sagen haben“, sagte der GEP-Chef. Die Jugendlichen wollten nicht belehrt werden, erst recht nicht von Menschen, die ihre Lehrer sein könnten. „Aber das Zeug zum Prediger, das haben alle Bischöfinnen und Bischöfe, die ich kenne“, erklärte Bollmann. Das sei aber etwas anderes, als sich zielgruppengerecht auf YouTube zu äußern.
Von: Norbert Schäfer