Die Menschen in Deutschland scheinen den Kirchen weniger zu vertrauen als den Medien. Das machten die Kommunikationswissenschaftler Bernd Blöbaum (Universität Münster) und Oliver Quiring (Universität Mainz) bei der Tagung „Kirche und Populismus“ am Dienstag in Darmstadt deutlich.
Wie Quiring anhand von Studien der Universitäten Mainz und Münster ausführte, sei die Zahl der Menschen gestiegen, die den Medien voll und ganz vertrauten. Außerdem sei die Zahl derer gesunken, die den Medien nicht oder nur wenig vertrauen. Eine Studie aus Mainz, die in der rheinland-pfälzischen Hauptstadt und Umgebung durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass 26 Prozent der Befragten den Medien nicht oder kaum vertrauen.
Schlechter steht es um das Vertrauen in die Evangelische und Katholische Kirche: Ihnen gegenüber seien 38 Prozent misstrauisch. Damit stehen die Kirchen etwa auf derselben Stufe wie die Politik, der 39 Prozent der Befragten kaum oder gar nicht vertrauten, und laut Quiring „zwischen Privatfernsehen und Boulevardzeitung“. Aus seiner Sicht habe dies damit zu tun, dass Kirche und christliche Botschaft ein Stück weit parteiisch seien.
Vertrauen ist schneller zerstört als wieder aufgebaut
Der Wert der Zufriedenheit hänge mit dem Alter und der Bildung zusammen: Je älter und je besser gebildet, desto höher sei auch das Vertrauen in die Kirchen. Zudem zeigten die Zahlen: „Je weniger man das Gefühl hat, die Kontrolle über das eigene Leben zu haben, desto höher ist das Bedürfnis in die Kirchen zu vertrauen.“ Auch ein allgemeiner Vertrauensverlust in andere Institutionen führe zu geringerem Vertrauen gegenüber Kirchen.
Schlüsselereignisse seien wichtig dafür, wie sich das Vertrauen und Misstrauen in die Kirchen entwickelt. Ein Beispiel dafür sei der Fall des früheren Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van-Elst, der mit der luxoriösen Ausstattung seiner Bischofswohnung für negative Schlagzeilen über sich und seine Kirche sorgte.
Jedoch könne Vertrauen leichter zerstört als aufgebaut werden, erklärte der Münsteraner Forscher Blöbaum. Er stellte zudem fest, dass sich christliche Werte heute oft von ihrem religiösen Ursprung emanzipiert hätten und mittlerweile als humanitäre Werte gälten. Auch sei der Stellenwert von Religion bei den 16- bis 30-Jährigen gesunken. In Religionsdingen konsumierten viele lediglich und hätten eine Mentalität des Sich-bedienen-Lassens.
Die Tagung „Die Kirchen und der Populismus“ wird veranstaltet von der Schader-Stiftung in Darmstadt, der Konferenz der deutschsprachigen Pastoraltheologen & Pastoraltheologinnen sowie der Fachgruppe Praktische Theologie der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie. In Vorträgen und Diskussionsrunden wird das Verhältnis der Kirchen zu populistischen Tendenzen aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven erörtert.
Von: Johannes Blöcher-Weil