Andrea Nahles ist SPD-Parteivorsitzende, Fraktionschefin ihrer Partei im Deutschen Bundestag, gläubige Katholikin – und sie ist Mutter. Im Interview mit der Zeitschrift Bunte berichtet sie in der aktuellen Ausgabe von dem Alltag mit ihrer siebenjährigen Tochter Ella. Ihr liest die 48-Jährige auch aus der Kinderbibel vor. „Sie hat nicht immer Lust darauf, aber es funktioniert gut. Ihre Lieblingsgeschichte ist ,David gegen Goliath‘. Das war bei mir als Kind auch so, das Alte Testament fasziniert in dem Alter noch mehr als das Neue.“
Auf die Frage, ob sie jeden Tag bete, entgegnet Nahles: „Nein, nicht jeden Tag, aber immer mal wieder. Mit Ella macht Beten besonders viel Spaß.“ Dem Tischgebet haben sie eine persönliche Note gegeben: „Komm, Herr Jesu, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast. Amen. Guten Appetit, keiner sagt ‚igitt‘. Haut rein.“
Zeit mit Kind als Gottesdienst
Die Zeit mit ihrer Tochter sei zetlich begrenzt, deswegen setze sie Prioritäten: „Ich muss nicht ständig in die Kirche rennen, um Gott nah zu sein. Manchmal lasse ich auch eine Sonntagsmesse einfach sausen, weil es der einzige Tag ist, an dem ich mit Ella in Ruhe frühstücken kann.“ Das Zusammensein mit ihrem Kind sei auch Gottesdienst, meint Nahles.
Die Sozialdemokratin ist geschieden, sieht sich aber nicht im klassischen Sinne als alleinerziehend. „Ella wächst in einem Dreiecksverhältnis auf, mit Mama, Papa, Oma.“ Im Gespräch mit der Bunten verknüpft Nahles ihre eigene Situation mit ihrer politischen Agenda: „Familien in Deutschland brauchen mehr Unterstützung. Schön wäre es doch, wenn beide, Vater und Mutter, 32 Stunden pro Woche arbeiten könnten, den Rest der Zeit hätten sie für sich und die Kinder.“
Danach gefragt, ob sie ihre Scheidung auch als persönliches Scheitern sehe: „Auf jeden Fall. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt. Man geht ja keine Ehe ein, um sie nach einigen Jahren zu beenden.“
„Bin sehr stolz auf meine Kirche“
Deshalb sei sie „sehr stolz auf meine Kirche und den Münchner Kardinal Marx, dass er bei der von Markus Söder angezettelten Kruzifix-Geschichte klare Worte gefunden hat“. Es sei richtig, dass man das Kruzifix auch entehren könne, indem man es nutze, um damit Politik zu machen. „Das hat Söder getan. Er wollte kulturell etwas demonstrieren, was er selber nicht lebt und nicht ausstrahlt. Das ist ja Söders Problem, man glaubt ihm nicht.“
Zwar gestand Nahles zu, dass es „ sicher viele gute Christen“ gebe, die es ernst meinen“. Die Parteispitze hat aus Nahles’ Sicht jedoch „offensichtlich Nachhilfebedarf“.
Von: Martina Blatt