Mit radikaler Liebe gegen Populismus

Der aktuelle Populismus in Deutschland steht für Angst und Abgrenzung, meint Heinrich Bedford-Strohm. Jesus Christus dagegen verkörpere den Weg der radikalen Liebe, sagte der EKD-Ratsvorsitzende am Mittwoch in Berlin – und bezog sich dabei auch auf den derzeitigen Streit um die Bedeutung des Kreuzes.
Von Christina Bachmann
Heinrich Bedford-Strohm: Das Kreuz ist ein einschließendes Symbol, kein ausgrenzendes

Das Phänomen Populismus mache sich an mehr als an den drei Buchstaben „AfD“ fest, stellte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, gleich zu Beginn klar. Dass man das Ganze differenzierter sehen müsse, zeigten schon die unterschiedlichen Wählergruppen dieser Partei. Da seien zum einen die Protestwähler, zum anderen die Menschen, die sich als konservativ bezeichneten und oft aus dem evangelikalen Milieu kämen, außerdem noch diejenigen, die man als Rechtsextreme bezeichnen müsse. Mit den ersten beiden Gruppen müsse man ins Gespräch kommen, sagte Bedford-Strohm am Mittwoch bei einem Forum in Berlin.

Ein Grundtenor der Angst kennzeichne populistische Strömungen. Dem habe die Kirche etwas entgegenzusetzen, betonte der EKD-Obere: Jesus, der Mann am Kreuz, stehe für den Weg der radikalen Liebe. „Diesen Weg der Liebe zu gehen, das ist die Erinnerung, die da an der Wand zu sehen ist, wenn wir in Bayern oder anderswo in Deutschland oder in der Welt ein Kreuz vor uns sehen“, sagte Bedford-Strohm, auch Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Womit er beim aktuellen Streit ums Kreuz in bayerischen Amtsstuben war. „Wir müssen über den Inhalt des Kreuzes reden!“, forderte er. Nicht nur Tod, sondern auch Auferstehung symbolisiere es; sein Grundtenor sei das Gegenteil von Abgrenzung, nämlich Inklusion – also Teilhabe und Zugehörigkeit. Kirche müsse das deutlich machen, sodass die Inhalte des Kreuzes Teil der öffentlichen Kultur würden. Das werde viele kritische Diskussionen geben, meinte der Ratsvorsitzende, aber dazu sei die Kirche berufen.

Demokratische Werte mit christlichen Wurzeln

Populismus ist nicht nur ein deutsches Thema – so stand das Forum im Kontext der internationalen Konferenz „The Churches as Agents for Justice and against Populism“ (Die Kirchen als Agenten für Gerechtigkeit und gegen Populismus). Antje Jackelén, Erzbischöfin der Kirche von Schweden, sagte, dass der Populismus Nutznießer der Krise des Journalismus in einer veränderten Medienlandschaft sei. „Es gibt zu wenige Journalisten, die die notwendige Sicherheit in ihrer Anstellung und die Ressourcen haben, um ernsthaft recherchieren zu können“, so die Bischöfin.

Antje Jackelén steht als erste Frau an der Spitze der Schwedischen Kirche Foto: Christina Bachmann
Antje Jackelén steht als erste Frau an der Spitze der Schwedischen Kirche

Die Kirche rief sie zum Beten und Arbeiten auf – „Ora et labora“. Konkret bedeute das zum Beispiel, die weltweite Gemeinschaft der Kirche hervorzuheben. Wenn Demokratie überleben solle, so Jackelén weiter, müsse sie ständig mit Werten gefüttert werden. „Ein Teil dieser Werte wird immer auch religiöse Wurzeln haben.“ Die populistischen Strömungen stellten die Kirchen vor positive wie negative Herausforderungen. „In Zeiten des Populismus werden wir auch widerstehen müssen“, machte die in Deutschland geborene Jackelén klar. Komplexes zu vermitteln, sei oft schwierig. Aber gerade Theologen sollten mit solchen Fragen umgehen können, sagte sie.

Im Publikum dabei: der frühere Direktor der Berliner Stadtmission, Hans-Georg Filker. „Differenziert und nicht so plakativ“, so sein Fazit nach der Veranstaltung. „Es gibt so einen Hang, eine einfache, eindeutige Lösung zu haben“, sagte Filker im Gespräch mit pro. „Aber unsere Welt ist sehr komplex. Durch die Sünde gezeichnet, durch Täter und Opfer. Da muss man sehr feinfühlig und mit Empathie hinschauen und darf vor allem nicht ausgrenzend gegen andere Menschen argumentieren.“ Der EKD-Ratsvorsitzende habe in guter Weise formuliert, dass mit anderen über den Kern des Glaubens gesprochen werden müsse.

Von: Christina Bachmann

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