Mit einer Onlinepetition wenden sich die Initiatoren der „Demo für Alle“ gegen eine Handreichung, die der Berliner Senat finanziert hat und die Erziehern den Umgang mit den Themen Trans-, Inter- und Homosexualität im Kindergarten näher bringen soll. Im Protestschreiben heißt es, dieser pädagogische Ansatz nutze die entwicklungspsychologischen Unsicherheiten von Kindern aus und lade „harmlos-kindliche Kindergartenfreundschaften“ sexuell auf. „Diese Herangehensweise ist wissenschaftlich in keiner Weise gedeckt, sie ist unverantwortlich hinsichtlich der emotionalen und seelischen Entwicklung von Kleinkindern und gefährdet im höchsten Maße das Wohl des Kindes“, schreiben die Verantwortlichen weiter. Bis zum Freitagmittag haben sie rund 25.000 Unterzeichner gefunden.
Die Broschüre „Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter und Sophie heißt jetzt Ben“ der Bildungsinitiative „Queerformat“ setzt sich dafür ein, das Thema Sexuelle Vielfalt im Kita-Alltag zu etablieren. Dies sei deshalb wichtig, weil Kinder schon früh Erfahrungen mit Zugehörigkeit und Ausschluss machten, erklären die Autoren. Eine inklusive Pädagogik soll deshalb zum Beispiel Kinder aus sogenannten Regenbogenfamilien gezielt einbinden. Auch die Auseinandersetzung mit der eigenen sexuellen Identität soll gefördert werden. Der Text bietet auch Wissensgrundlagen zum Thema Trans-, und Intersexualität. Entstanden ist die Arbeitshilfe im Zusammenhang mit der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“, die sich unter anderem gegen Homophobie richtet.
Pädagogen: Das Thema ist wichtig
pro hat dazu Pädagogen aus dem christlichen Bereich angefragt und gebeten, die Broschüre einzuordnen. Claudia Maier-Höfer von der Evangelischen Hochschule Darmstadt erklärte, das Anliegen, keinen Menschen auszuschließen oder zu verurteilen, sei auf Basis des christlichen Menschenbildes zu begrüßen. Das umfasse auch transsexuelle Menschen. Auch Kinder sollten das Recht haben, in dieser Sache für sich selbst zu sprechen. Etwas kritischer sieht sie es, dass die Broschüre nach einem „Gießkannen-Prinzip“ vorgehe, also die Methoden gleich für alle Kinder in der Kita angewendet sehen möchte. Sie selbst schlage vor, erst dann zu handeln, wenn ein Kind tatsächlich als transsexuell erkennbar werde und nicht von der Erwachsenenebene aus zu bestimmen, wie Kinder sich zu fühlen hätten. Wichtig sei es dennoch, diskriminierende Praktiken auch in der Kita sofort zu erkennen.
Der Theologe und Pädagoge Wilhelm Faix erklärte dazu, auch Christen kämen nicht drumherum, sich aus pädagogischer Sicht Gedanken zu den in der Broschüre angesprochenen Themen zu machen und mit den Herausforderungen umzugehen. Es könne sinnvoll sein, das Thema der sexuellen Vielfalt bereits in der Kita anzusprechen, allerdings nicht flächendeckend, sondern gezielt dort, wo Kinder und Eltern betroffen seien. „Entscheidend ist, wie die Auseinandersetzung geschieht, mit welcher Zielsetzung und mit welcher Wertung“, erklärte Faix. Dies hänge vor allem von den Erziehern ab, auch wenn sie die Broschüre im Kita-Alltag nutzten.
CDU will Broschüre stoppen
Kritischer sieht das die Berliner CDU: Laut der Berliner Zeitung BZ will sie die Nutzung der Broschüre nun stoppen. „Fragen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt gehören nicht in die Berliner Kindertagesstätten“, zitiert die Zeitung den Berliner Fraktionschef Florian Graf, und weiter: „Die dort betreuten Kleinstkinder sollen Kind sein dürfen, ohne in jüngsten Jahren mit Fragestellungen zur sexuellen Identität konfrontiert zu werden.“
Von: Anna Lutz