Nackt-Show: Menschen auf dem Sklavenmarkt

In der TV-Show „Naked Attraction“ begutachten Kandidaten die Genitalien potenzieller Partner. Die Fleischbeschau gleicht einem Sklavenmarkt, der Menschen ihrer Würde beraubt – und das in Zeiten von #MeToo. Eine TV-Kritik von Moritz Breckner
Von PRO
Noch sind die nackten Frauen in den bunten Boxen unsichtbar – doch der Kandidat, die Moderatorin und die Kameraleute schreiten gleich zur Tat

In der RTL-II-Sendung „Naked Attraction“ geht es zu wie auf einem Sklavenmarkt. Ein Kandidat soll seine Traumpartnerin finden, indem er sechs nackte Frauen betrachtet und bewertet, die in Boxen stehen. Der Schleier über den Boxen wird von Runde zu Runde weiter gelüftet, erst werden Po und Genitalien studiert, dann die Brust – zum Schluss das Gesicht. Eine nach der anderen schickt er die Frauen, deren Äußeres ihm nicht zusagt, nach Hause.

Es ist zwar schon die zweite Staffel der Sendung, die da am Montag beim Kölner Trashsender startete, doch das Medienecho ist groß – und verdienter Maßen negativ. Die Genitalien der Damen würden bewertet wie bei einer Weinprobe, schreibt etwa stern.de, und dieser Eindruck trifft ins Schwarze. Eine Moderatorin führt den Kandidaten, einen Studenten namens Logan, von Frau zu Frau. Er rückt sich die Brille zurecht und begutachtet das Genital, während die Moderatorin Rasur und Symmetrie des weiblichen Intimbereichs analysiert. In der umgekehrten Geschlechterkonstellation läuft das Programm ähnlich ab („Wie sieht’s denn bei der Hodengröße aus?“).

Wenn Sex zur Performance degradiert wird

Als kritischer Zuschauer kann man an dieser Stelle die übliche Empörung bemühen über mangelnden Jugendschutz und zunehmenden Sittenverfall – beides nichts Neues. Interessanter ist ein ganz anderer Aspekt der Sendung: ihre Tragik. Ohne das Thema christliche Sexualmoral anzuschneiden lässt sich doch sagen: Eine Beziehung beginnt in der Regel damit, dass zwei Menschen sich kennenlernen, gut verstehen und verlieben. Alles andere kommt erst danach.

„Naked Attraction“ pervertiert diesen für die allermeisten Menschen normalen Ablauf und dreht ihn um, vor dem Kennenlernen der Person kommt das einseitige Kennenlernen seiner intimsten Stellen. Wie kann man auf die Idee kommen, so den Traumpartner zu finden? Das scheint nur dann logisch, wenn man dem sexuellen Aspekt der Beziehung die oberste Priorität vor allem anderen einräumt. Sex wird dadurch von einem Ausdruck der Liebe und Intimität zu einer Performance degradiert, für die Männer und Frauen ein möglichst scharfes Werkzeug brauchen – ihren Körper. Dieses Verkennen, dieses Verfehlen des tatsächlichen und durchaus positiven Stellenwertes von Sexualität ist tragisch.

#MeToo und christliche Werte haben Gemeinsamkeiten

In Zeiten der „#MeToo“-Kampagne wird die Öffentlichkeit mehr und mehr dafür sensibilisiert, dass es Menschen nicht guttut, wenn sie auf ihren Körper und ihre Sexualität reduziert werden. Denn das wird Männern und Frauen in ihrer Würde nicht gerecht, es degradiert sie zu Objekten – eine Kritik, die sich mit der christlichen Lehre deckt. „Naked Attraction“ lässt Kandidaten mögliche Partner wie Waren in einer Schaufensterauslage prüfen – das erinnert an einen Sklavenmarkt, bei dem die Handelsware auch nach körperlichen Merkmalen eingestuft wurde. In der Sendung müssen die Auserwählten einzig und allein den Wünschen und Vorlieben des Kandidaten entsprechen. Und wie auf einem Sklavenmarkt ist der Erstkontakt der Beziehungen bei „Naked Attraction“ völlig einseitig, die erwählte Person hat keine Chance, ihrerseits den Partner abzulehnen oder vor dem ersten Date näher kennenzulernen.

Die Show entlarvt ihr Prinzip übrigens mit einer Wende in der Handlung: Der Kandidat schickt eine Frau namens Mary nach Hause, nachdem er nur Unterleib und Brust gesehen hat. Als sie geht und dabei ihr Gesicht zeigt, erschrickt er. „Nein! Dein Gesicht!“, ruft er. „Ich habe einen großen Fehler gemacht.“ Seine spätere „Traumpartnerin“ will er nach dem ersten Date am Ende der Sendung nicht wiedersehen, weil er nur an Mary und ihr Gesicht denken kann.

Das ist zwar auch nur ein optischer Eindruck – doch scheinen die Geschlechtsteile schon einmal nicht als Ausschlusskriterium zu taugen. Das macht die Tragik der Sendung aber nur deutlicher: Ob jemand mit Brust oder Penis optisch beeindruckt, sagt relativ wenig darüber aus, ob er ein passender Partner ist. Leider gibt es aber offenbar genug Menschen, die genau das glauben.

Von: Moritz Breckner

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