„Die CDU, vor allem aber die CSU, der ich seit 1973 angehöre, müssen, wenn sie ihre beträchtlichen Erfolge fortsetzen wollen, mit sich selbst im Reinen bleiben. Sie müssen erkennbar bleiben – eine Einheit von Adenauer bis zu Merkel, von Schäffer bis zu Söder“, schreibt Hans Maier in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Dazu gehöre eine Rückkehr zu ihren christlichen Wurzeln, meint der frühere bayerische Kultusminister und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Die beiden Parteien führten bei ihrer Gründung zwei neue Worte in das deutsche Parteienspektrum ein: „christlich“ und „Union“. Mittlerweile sei die Zeit, in der Christen in Deutschland zur Minderheit werden, absehbar. Treue zu den Anfängen hält Maier in Anbetracht der „wachsenden Profillosigkeit von heute“ für eine Tugend.
„Das Christliche“ habe nach wie vor nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil, meint der CSU-Politiker: „Woraus nähren sich denn die Hilfe für Schwache, die Sorge um die Menschenwürde, das Eintreten für die Verfolgten, wenn nicht aus den Antrieben der Zehn Gebote und der Botschaft Jesu?“ Das christliche Erbe sei noch immer lebendig und „keineswegs ein Haufen Asche“. In der Union soll es durch Beispiele und eine Sprache, die „einlädt und nicht ausgrenzt“ sichtbar werden, fordert Maier.
„Konservative Revolution“ wäre tödliches Eigentor
Dass die Offenheit gegenüber Verfolgten und Vertriebenen nun vielerorts „einem Klima der Ängstlichkeit, des Kleinmuts gewichen“ sei, bedauert der 86-Jährige. Man müsse politische und soziale Hilfe sicherlich den realen Möglichkeiten anpassen und sich auch gegen Missbrauch schützen. Den Familiennachzug zum „Koalitionsgebot Nummer eins“ zu ernennen, sei für ihn aber ein Skandal.
Kritik übt Maier auch an der Forderung einer „konservativen Revolution“ des CSU-Politikers Alexander Dobrindt. Die Union darauf zu verpflichten, „wäre Selbstverleugnung, parteipolitisch ein tödliches Eigentor“, urteilt er. Stattdessen wünscht er sich wieder mehr geschichtlichen Sinn, Urteilskraft und Blick auf das Ganze.
Von: Deborah Müller