Der 31-jährige Asylbewerber Ian Onwuka kommt aus Nigeria. Nach der Flucht aus seiner Heimat hat er mehrere Monate im Kirchenasyl der Freisinger Kirchengemeinde St. Jakob verbracht. Sein Fall beschäftigt die Justiz und könnte zum Präzedenzfall werden. Es geht um die Prüfung, ob Kirchenasyl rechtlich zulässig ist.
Die Süddeutsche Zeitung zitiert den Sprecher der Staatsanwaltschaft Landshut, Thomas Steinkraus-Koch: „Im deutschen Recht gibt es das Kirchenasyl als Rechtsinstitut gar nicht.“ Das Blatt schreibt weiter: „Demnach könnten aus seiner Sicht im Kirchenasyl befindliche Flüchtlinge auch nicht von der Prämisse ausgehen: Solange ich mich dort befinde, mache ich mich – obwohl ausreisepflichtig – nicht des illegalen unerlaubten Aufenthalts strafbar“.
Sein Anwalt Franz Bethäuser bemängelt, dass es die Behörden „faktisch hingenommen“ hätten, dass sich sein Mandant ins Kirchenasyl begeben habe. Onwuka war in erster Instanz vom Amtsgerichts Freising freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft Landshut möchte ein bundesweit relevantes Grundsatzurteil herbeiführen. „Es handelt sich hier um eine ungeklärte Rechtsfrage“, sagt Oberstaatsanwalt Steinkraus-Koch. Das unklare Rechtsverhältnisse gehöre auf den Prüfstand.
Enorme Belastungsprobe für alle
Onwuka hatte vom 15. Juli bis zum 19. Oktober 2016 Schutz beim Freisinger Pfarrer Peter Lederer gesucht. Dort lebte er im Pfarrheim in Vötting. Trotz der Unterstützung vor Ort habe er unter der Einsamkeit gelitten: „Ich war da, ohne ein Verbrechen begangen zu haben“, nimmt er Bezug auf das selbst auferlegte Ausgangsverbot. Die Zeit auf dem Mittelmeer, die Unterbringung in Italien und die eigenen Depressionen seien weit schlimmer gewesen.
Hans-Günther Schramm vom Ökumenischen Kirchenasylnetz betont gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass Kirchenasyl auch die involvierten Pfarrer und Gemeinden stets vor eine extreme Belastungsprobe stelle. Es gebe auch Ermittlungsverfahren gegen Geistliche. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) begründet dies damit, dass es sich „in Fällen sogenannten Kirchenasyls“ ja um eine „strafbare Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt handeln“ könne. Die Staatsanwaltschaften seien verpflichtet, dann zu ermitteln.
Tabubruch, gegen Pfarrer zu ermitteln
Auch Lederer könnte aufgrund des von ihm gewährten Kirchenasyls ein Konflikt mit der Justiz drohen. Stephan Theo Reichel, Sprecher des Vereins „Matteo – Kirche und Asyl“, sagt: „Es ist ein Tabu-Bruch, gegen Pfarrer zu ermitteln.“ Dem Justizministerium liegen laut Zeitung keine konkreten Zahlen vor, wie häufig gegen Geistliche ermittelt werde. Auch über die Zahl der derzeitigen Kirchenasyle im Freistaat gebe es nur Schätzungen.
Von: Johannes Weil