Lern-DVDs schlecht für Babys

Lern-DVDs für Babys und Kleinkinder wirken sich negativ auf die geistigen Fähigkeiten der Kleinen aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Hertie-Stiftung unterstützte Online-Publikation.
Von Jörn Schumacher
Schauen Kinder Lern-DVDs, wirkt sich das negativ auf das Sprachvermögen aus, schreiben Forscher in einer Studie der Hertie-Stiftung

Seit längerem ist bekannt, dass sich Vorlesen positiv auf die Sprachentwicklung 2 bis 24 Monate alter Babys auswirkt. Schauen Kinder stattdessen täglich Lern-DVDs für ihre Altersgruppe, fehlt der Lerneffekt. Vielmehr wirkt sich das DVD-Schauen sogar negativ auf das Sprachvermögen aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Publikation der Hertie-Stiftung über den aktuellen Stand neurowissenschaftlicher Erkenntnisse mit Blick auf verschiedene Themen aus Schule und Bildung. Ab dem Vorschulalter können demnach die Kinder jedoch durchaus von digitalen Lernmedien sowie pädagogisch ausgerichteten Sendungen à la Sesamstraße profitieren, schreiben die Forscher.

Die Hertie-Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main fördert die Forschung rund um das Gehirn und die Bekämpfung seiner Erkrankungen. Der andere Schwerpunkt ist die Stärkung der Demokratie. In der Online-Publikation GAP (Gehirn, Anwendung, Praxis), die kostenlos abrufbar ist, werden vier Schwerpunktthemen aus neurowissenschaftlicher Sicht fundiert beleuchtet: Nutzung digitaler Medien, Prävention und Früherkennung von Lernstörungen, Besonderheiten des „pubertierenden Gehirns“ sowie die Auswirkungen von Schlaf und Tagträumen auf die Gedächtnisleistung.

Manfred Spitzer erneut widerlegt

Die Hertie-Studie macht zudem darauf aufmerksam, dass die Hirnforschung immer mehr positive Auswirkungen von Computerspielen findet – entgegen den durchgängig negativen Darstellungen etwa des Psychiaters Manfred Spitzer. In der Studie heißt es: „Während Wissenschaftler wie Spitzer Horrorszenarien zeichnen von Jugendlichen, die ihre Konzentrationsfähigkeit einbüßen, ADHS entwickeln und aggressiv werden, behauptet Daphne Bavelier, Expertin auf dem Gebiet Computerspiele und Gehirn: Daddeln steigert die visuelle Aufmerksamkeit sowie die selektive Aufmerksamkeit, also die Fähigkeit sich auf Relevantes zu fokussieren und störende Reize auszublenden.“

Zudem zeige eine andere Studie, dass sich die Aufmerksamkeit durch Computerspiele verbessert – auch bei jüngeren Kindern. Kinder, die am Computer spielen, können Informationen besser verarbeiten, ohne sich dabei durch Irrelevantes ablenken zu lassen. Entgegen Spitzers regelmäßig öffentlich und in seinen Büchern geäußerte Behauptung, Computerspiele machten Kinder dumm, zeigen neuere Forschungen: „Regelmäßiges Computerspiel führt zu einer Zunahme an grauer Masse im präfrontalen Cortex. Ein internationales Forscherteam hatte 152 Jugendliche zu ihren Spielgewohnheiten befragt und die Dicke ihrer Hirnrinde vermessen. Dabei stellte sich heraus, dass die graue Masse im präfrontalen Cortex umso voluminöser war, je öfter die Probanden nach eigenen Angaben spielten. Der präfrontale Cortex steht im Zusammenhang mit der exekutiven Kontrolle, weshalb der Befund kognitive Verbesserungen durch das Daddeln erklären kann.“

Zusammenfassend heißt es: „Spielen hat ganz allgemein betrachtet einen positiven Effekt auf das Lernen und die kognitive Entwicklung, und kann – gezielt eingesetzt – sogar Lernstörungen entgegenwirken.“

Gegründet wurde die Hertie-Stiftung 1974 von Hans-Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH, und seiner Schwester Brigitte Gräfin von Norman. Vorstandsvorsitzender ist Frank-Jürgen Weise, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit und ehemaliger Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Mit einem jährlichen Fördervolumen von über 20 Millionen Euro gehört die Hertie-Stiftung zu den größten privaten Stiftungen Deutschlands. (pro)

Von Jörn Schumacher

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