Bibel-Schmuggler in Österreich

In Österreich war der Protestantismus für viele Jahrhunderte verboten. Deutschlandfunk berichtete am Sonntag über das Verbot des Protestantismus unter den Habsburgern und wie Bibel-Schmuggler die Gläubigen im Untergrund mit der Heiligen Schrift versorgten.
Von Jörn Schumacher
Unter den katholischen Habsburgern mussten Protestanten entweder zum Katholizismus konvertieren oder Österreich verlassen

Über 100 Jahre war Österreich auch protestantisch. Das berichtete der Deutschlandfunk am Sonntag in der Sendung „Die Wege der Bibelschmuggler“. Erst als die katholischen Habsburger mit harter Hand die Gegenreformation betrieben, ändert sich dies.

Die protestantischen Bürger des Landes konnten entweder auswandern oder den katholischen Glauben annehmen. Viele blieben heimlich evangelisch und ließen sich von Bibelschmugglern aus Deutschland beliefern, heißt es in der Senndung.

Der Experte Heinz Prugger aus der steirischen Gemeinde Ramsau erklärt, es seien Bergleute aus Thüringen und Sachsen, also aus der Heimat Luthers, in den Schladminger Tauern gekommen, um dort Silber und Kupfer abzubauen. Diese gläubigen Bergleute hätten Bibeln mit in die Region gebracht, wo sie sich verbreiteten. „Es konnte schon damals jeder halbwegs Gebildete die Heilige Schrift lesen“, sagt Prugger. Ebenso seien Gebets- und Gesangbücher heiß begehrt gewesen. Der Raum Hallstadt/Aussee sei sprichwörtlich die Salzkammer Österreichs, und so ging das „weiße Gold“ zusammen mit den Büchern im Gepäck auf alten Handelswegen weiter Richtung Süden bis nach Slowenien und Triest.

„Das alpenländische Volk wird so mit rasantem Tempo von der lutherischen Lehre mitgerissen“, heißt es im Beitrag. Auch niederer Klerus und adelige Grundherren traten zahlreich zum Protestantismus über. „Binnen weniger Jahrzehnte ist die Bevölkerung fast vollständig evangelisch. Knapp 100 Jahre steht das Luthertum in Österreich dann in Blüte.“

Als sich ganze Klöster zur lutherischen Lehre bekennen, reicht es dem Herrscherhaus, den erzkatholischen Habsburgern. Eine systematische Gegenreformation gegen das vermeintlich Ketzerische nahm schnell Fahrt auf, sagt Ulrike Eichmeyer, Leiterin des evangelischen Museums im oberösterreichischen Rutzenmoos. Etwa ab dem Jahr 1620 habe sich dann niemand mehr offiziell mit dem Protestantismus befassen dürfen, sagt sie. „Der Satz: katholisch werden, oder das Land verlassen, war gang und gäbe in dieser Zeit.“

Ein Bischof namens Brenner, vom Volk „Ketzerhammer“ genannt, wurde beauftragt, mit 300 Landsknechten die Steiermark und Kärnten wieder katholisch zu machen. Evangelische Pfarrer wurden des Landes verwiesen, Kirchen und Friedhöfe zerstört, Bücher verbrannt. Unter Druck konvertierten viele, Zigtausende aber verließen das Land. Viele entschieden sich aber dafür, zu konvertieren, insgeheim jedoch evangelisch zu bleiben. An geheimen Orten hielten sie ihre Gottesdienste ab.

Eine Bibel für zwei Kühe

Im 18. Jahrhundert unter Maria Theresia verschärft sich die Verfolgung weiter. Protestanten drohten Umerziehungslager, Kerker oder Deportation ans Ende des Reiches oder in Gegenden, in denen die Pest wütete. Der Ort Arriach in Kärnten war vor der Gegenreformation zu 90 Prozent evangelisch. Ein Bewohner berichtet von Überlieferungen über einen Arriacher Bibelschmuggler namens Josef, der auf seinen Wegen häufig in den abgelegenen Ort kam und aus der Bibel vorlas.

Die Bibelschmuggler hätten die Bibeln unter anderen Waren, die sie mit Pferden transportierten, versteckt. Die Bibeln wurden teilweise in den Ställen versteckt. Eine deutsche Bibel habe damals den Wert von zwei Kühen gehabt. Erst nach dem Tod Maria Theresias 1780 änderte sich die Situation für Protestanten in Österreich. Ihr Nachfolger, Joseph II., ging als Toleranzkaiser in die Geschichte ein, denn er erließ das sogenannte Toleranzpatent, wodurch es wieder erlaubt war, evangelisch zu sein. Dennoch durften Protestanten noch keine Kirchen bauen, nur Bethäuser ohne Glocken oder Turm. Im Jahr 1861 sicherte Kaiser Franz-Josef I. schließlich die volle Gleichberechtigung zu. Weiter heißt es im Bericht: „Auch heute ist die Bevölkerung in den Regionen um die Toleranzgemeinden und Bibelschmugglerpfade mehrheitlich protestantisch. Nur vier Prozent sind es im österreichischen Schnitt.“ (pro)

Von: js

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