Der Spiegel beschreibt in seiner aktuellen Ausgabe „eine Allianz von frommen Christen und rechten Wählern“. Die Partei AfD setze demnach vermehrt auf Themen wie den Widerstand gegen Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Ehen, um nach dem weggebrochenen Flüchtlingsthema neue Impulse im Wahlkampf zu erzeugen.
Die Journalisten Valerie Höhne und Peter Wensierski sehen in dieser „Allianz“ vor allem fromme Katholiken und Protestanten sowie konservative Wähler, die von der Union frustriert seien. Ihr Ziel sei es, die AfD zu beflügeln. Die AfD gehe auf diese Wählergruppe wiederum zu, indem sie zum Beispiel eine Volksabstimmung gegen die bestehenden Abtreibungsregeln fordere.
Steeb über Entwicklung der CDU
Der Generalsekretär der Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, wird „als Mittelsmann zwischen religiösen und politischen Rechten“ beschrieben. Mit CDU-Politikern wie dem Fraktionschef Volker Kauder oder Gesundheitsminister Herrmann Gröhe verstehe er sich. Doch die Christdemokraten seien moderner geworden. Für Steeb stelle das laut Spiegel ein Problem dar. Er wünsche sich eine „Pro Life“-Bewegung in Deutschland, die wie in den USA Abtreibungen erschweren wolle. Die „Ehe für alle“ halte er für eine Fehlentwicklung der Gesellschaft.
In einer Reaktion gegenüber pro kritisierte Steeb die journalistische Qualität des Artikels: „Hier wurden von der Spiegel-Redaktion aus einem mehr als zweistündigen Gespräch Halbzitate in einen neu konstruierten Zusammenhang gestellt, den es so nicht gibt“, sagte Steeb. Er halte dies für irreführend und journalistisch fragwürdig. Man habe auf diese Weise offenbar versucht, „ein Zusammenwirken zwischen der AfD und den Evangelikalen zu konstruieren“. Das gebe es aber nicht: „Und dies gilt auch für meine Person“, sagte Steeb gegenüber pro. Inhaltlich widersprach er der Darstellung, er habe Probleme mit einer modernen CDU: „Es geht nicht um Modernität, die ja kein Wert an sich sein kann. Wie viele andere kritisiere ich aber, dass die Union wichtige Grundsatzpositionen aufgibt.“
Publizistisch unprofessionell
Insbesondere aber sei der Artikel publizistisch unprofessionell: Laut Spiegel äußerte sich Steeb gegenüber dem Blatt sowohl über seine Wahlentscheidung im Herbst als auch über die „Ehe für alle“: „Das Gespräch fand am 15. Mai statt“, sagte Steeb. In dem Artikel werde jedoch der Eindruck erweckt, er habe sich zu den aktuellsten politischen Entwicklungen wie zum Beispiel der Bundestagsentscheidung zur „Ehe für alle“ geäußert: „Wie soll ich das vor mehr als zwei Monaten gemacht haben?“, kritisierte Steeb.
Ein „Gefühl der Heimatlosigkeit“ sehen die Spiegel-Journalisten bei frommen Christen. Das habe mit Papst Franziskus‘ Reformkurs in der Katholischen Kirche, aber auch dem aktuellen CDU-Kurs unter Kanzlerin Angela Merkel zu tun, der traditionelle Familienwerte vermissen lasse. Der Bundestagsbeschluss für die „Ehe für alle“ sei für die frommen Christen ein „schwerer Fehler“ gewesen.
Einer der Autoren des Spiegel-Artikels, Peter Wensierski, hatte im Juni bei einer Journalisten-Tagung des Netzwerks Recherche in Hamburg Kollegen nahe gelegt, kritisch über sogenannte christliche Fundamentalisten zu berichten. In einem Podiumsgespräch vertrat er die These, gerade im Wahljahr werde die Verbindung zwischen christlicher und politischer Rechte immer stärker. (pro)
Von: mm