Wie Spiegel Online am Donnerstag berichtete, haben es Flüchtlinge, die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Asylgrund ihre Glaubensüberzeugung und das Risiko der Verfolgung in ihrem Heimatland angeben, immer schwerer. So lägen der Redaktion Ablehnungsbescheide aus den vergangenen neun Monaten vor, die trotz Taufschein und Briefen der Pfarrer zur Beglaubigung der christlichen Konversion abgelehnt wurden. Das Bundesamt begründet die Ablehnung laut Spiegel Online damit, dass eine regelmäßige Teilnahme am Gemeindeleben oder pfarramtliche Bescheinigungen nicht „auf eine ernsthafte innere Glaubensüberzeugung schließen“ ließen.
Den Feind durch Täuschung überlisten?
Das Amt argumentiert weiter, „dass sich iranische Staatsangehörige hier in der Bundesrepublik Deutschland ,im Feindesland‘ befinden, und dort ist es durchaus erlaubt, durch Täuschungshandlungen den Feind zu überlisten“. Das BAMF argumentiert weiter, dass die Asylsuchenden in ihrer Heimat keine Verfolgung befürchten müssten, da es iranischen Behörden bekannt sei, dass Iraner ihre Konversion nur vorgäben.
Vorangegangen waren Hausdurchsuchungen und Verhaftungen in verschiedenen Bundesländern. Iraner sollen gezielt nach Deutschland geschleust und für das Asylverfahren geschult worden sein. Dabei sei ihnen geraten worden, sich als konvertierte Christen auszugeben, weil das ihre Chancen auf Asyl verbessere. Ganz gezielt sollen sie etwa biblische Gleichnisse auswendig gelernt haben. Es ist bekannt, dass das Bundesamt die Redlichkeit der christlichen Konversion unter anderem durch Fragen zum Glauben prüft.
Beck: „haarsträubende Begründung des BAMF“
Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Volker Beck, hat das Bundesamt für Migration nun scharf kritisiert. Er twitterte am Donnerstag: „Die Begründung der ablehnenden BAMF-Bescheide ist haarsträubend.“ Spiegel Online zitiert aus einem Brief, den er jüngst an das Bundesamt geschrieben hat: Die Behörde schüre einen „Generalverdacht gegen sämtliche in Deutschland aufhältige iranische Staatsbürger“, der „möglicherweise die Tatbestandsvoraussetzungen der Volksverhetzung erfüllt“. Weiter heißt es: „Jedenfalls ist es nicht zulässig, aus der Staatsangehörigkeit von Asylsuchenden darauf zu schließen, dass sie wahrheitswidrige Angaben in Täuschungsabsicht machen.“
Das BAMF wies die Vorwürfe am Donnerstagnachmittag gegenüber pro zurück. Andrea Brinkmann, Pressesprecherin des Amtes, sagte: Das Bundesamt zweifle „den durch Taufbescheinigung nachgewiesenen Glaubenswechsel an sich nicht an. Es wird generell unterstellt, dass eine sorgfältige Taufbegleitung von Seiten der christlichen Gemeinden erfolgt ist“.
Der Umgang des BAMF mit asylsuchenden christlichen Konvertiten steht schon länger in der Kritik. Neben Beck hat auch Reformationsbotschafterin Margot Käßmann die Behörde bereits dafür gerügt, den Glauben von Geflüchteten durch die Abfrage von Religionswissen zu testen. „Über die Ernsthaftigkeit eines Taufbegehrens entscheidet die Kirche, nicht der Staat“, sagte sie im März gegenüber pro, und weiter: „Mein Beruf ist Pfarrerin. Fast elf Jahre lang war ich Landesbischöfin einer Landeskirche mit rund 2.000 Pastorinnen und Pastoren. Niemand von uns tauft einfach mal so oder um einem Täufling einen Aufenthaltstatus zu sichern.“
Leidtragende sind die Christen
pro hatte zuvor darüber berichtet, wie das BAMF den Glauben Asylsuchender prüft. Dazu werden in Anhörungen Fragen zum Religionswissen gestellt, etwa „Wie starb Martin Luther?“ oder „Wie lautet ihr Taufspruch und warum haben Sie sich diesen ausgesucht?“ Auf Basis solcher Gespräche bewertet die Behörde den Antrag auf Aufenthalt – und schiebt nun offenbar immer häufiger ab.
Der Berliner Pfarrer Gottfried Martens, in dessen Gemeinde sich in den vergangenen Monaten hunderte iranische Konvertiten taufen ließen, schrieb dazu am Mittwoch auf Facebook und in Richtung des BAMF: „Man unterhält sich mit den Kirchen – und bleibt doch fest davon überzeugt, dass man besser als die Seelsorger erkennen kann, wer sich ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt hat und wer nicht. […] Die vielen ernsthaften Christen, denen das BAMF zu Unrecht unterstellt hat, sie hätten sich nur aus asyltaktischen Gründen dem christlichen Glauben zugewandt (allein in unserer Gemeinde mittlerweile 200!!), bleiben dabei die Leidtragenden.“ (pro)
Von: al