In seiner Spiegel-Online Kolumne vom Montag geißelt Jan Fleischhauer die selbstgewollte Verweltlichung der Katholischen Kirche und die „Anbiederung“ von Papst Franziskus an den Zeitgeist. Fleischhauer erkennt darin Parallelen zur Evangelischen Kirche. An der Spitze der Katholischen Kirche stehe jetzt ein Papst, „der eine merkwürdige Verachtung für alles Gewachsene und Tradierte“ erkennen lasse. Doch bereits im zweiten vatikanischen Konzil (1962–1965) habe sich die Katholische Kirche in einer Art „Handstreich“ jahrhundertealter Riten entledigt.
Fleischhauer befürchtet, dass der Kirche die Gläubigen noch schneller davonlaufen, sollte sich der Trend zur Säkularisierung in der Katholischen Kirche, dem Beispiel des Protestantismus folgend, weiter fortsetzen. Das wiederum könnte „die Kirchenführer zu der irrigen Annahme verleiten“, sie müssten die Modernisierung noch entschiedener vorantreiben. Letztlich bleibe die Frage: „Wenn die Kirche das auflöst, was sie von den weltlichen Sinnstiftungsangeboten unterscheidet, wozu braucht es dann noch die Kirche?“ Charakteristisch für den Glauben sei nicht die „leichte Konsumierbarkeit seiner Wahrheit“, sondern eben jener Bereich, der „Vernunft und Aufklärung“ entzogen sei.
Ohne Himmel und Hölle ist Kirche bedeutungslos
Anders bewertet der Autor die Situation beim Islam. Der befriedige „spirituelle Bedürfnisse“ besser als die „christliche Konkurrenz“. Darin erkennt der Autor einen Grund für das Wachsen der Religionsgemeinschaft.
In der Kolumne bezeichnet sich Fleischhauer selbst als einen „vom Glauben Abgefallenen“, der nach dem Wechsel seiner Weltanschauung aufgrund „dünner spiritueller Wurzeln“ in der Evangelischen Kirche keinen Platz mehr gefunden habe. Fleischhauer schreibt zu seiner Abkehr vom Protestantismus: „Eine Kirche, in der nicht einmal mehr die Existenz von Himmel und Hölle verbindlich ist, ist für jeden, den nur noch der Glaube bei der Stange halten könnte, eine verlorene Sache.“ (pro)
Von: nob