„Sie ist der Herr im Haus“, sagt Martin Luther (Devid Striesow) im Film „Katharina Luther“ über seine Ehefrau (Karoline Schuch), als es um die Renovierung des Hauses und die Beschäftigung von Handwerkern geht. Das ist ein beiläufiger Satz, ein kleiner Witz, den meisten Männern dürfte er heute leicht von den Lippen gehen. Vor 500 Jahren war dies freilich anders. Denn was oft vergessen wird, wenn heute von der Reformation die Rede ist: Für Frauen waren Luthers Zeiten alles andere als leicht. Während sich die Protestanten erhoben und gegenüber Rom emanzipierten, hatten Frauen die Wahl: Hochzeit oder Kloster. Ein selbstbestimmtes Leben jenseits patriarchaler Struturen war undenkbar.
So beginnt auch Katharina von Boras Leben damit, dass ihre Eltern sie als kleines Mädchen in ein Kloster geben. Alle Tränen nützen nichts, hier soll das Kind eine gute Ausbildung und eine ordentliche Erziehung erhalten. Und das ewige Leben. Denn, so sagt es die katholische Lehre der damaligen Zeit, wer sein Leben ganz Gott widmet, der hat die Eintrittskarte ins Himmelreich sicher. Ganz im Gegensatz zu all jenen, die ihr Leben außerhalb der Klostermauern fristen.
Mönch und Nonne vereint
Zur jungen Frau gereift steht Katharina einige Jahre später vor ihrer Oberin, in der Hand eine Schrift Martin Luthers mit dem Titel „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. „Ich habe gelernt, dass das Klosterleben wider Gottes Gebote ist“, sagt sie. Ihre Ersatzmutter ist entsetzt, warnt sie vor dem Höllenfeuer, doch am Ende nützt alles nichts: Katharina beginnt einen Briefwechsel mit dem Mönch aus Eisleben, von dem alle reden, und flieht schließlich bei Nacht und Nebel in Richtung Wittenberg.
Was sie daraufhin erleben muss, ist nicht etwa der Zorn Gottes, sondern der Zorn der Welt. Auf offener Straße wird sie als abtrünnige Nonne angespuckt, und selbst als sie bei den Protestanten in Wittenberg ankommt, geben die ihr schnell zu verstehen, dass eine Hochzeit unerlässlich ist, um ihr Auskommen zu sichern.
Es folgen Brautschauen im Hause Lucas Cranach, wo die Geflüchtete kurzfristig untergekommen ist. Doch Katharina verweigert sich, bis sie schließlich feststellt, dass ausgerechnet dieser Martin Luther ein Mann wäre, den sie sich zum Heiraten vorstellen könnte. Dass ihr die öffentliche Missgunst mit dieser Entscheidung erst recht im Nacken sitzt, ist keine Überraschung. Martin Luther – für die einen ist er ein Heiliger, für die anderen der Teufel. Doch egal, wie die Leute ihn finden, seine Frau hassen sie in jedem Fall. Ein Mönch und eine Nonne, verheiratet vor Gott, das ist ein Affront gegen die etablierte Kirche und gegen den Volksglauben.
Zwei, die keine zum Heiraten sind
Und so zeigt Regisseurin Julia von Heinz („Ich bin dann mal weg“) mit ihrem Film „Katharina Luther“ den Kampf einer Frau gegen das Establishment ihrer Zeit. Raus aus der Enge des Klosterglaubens bedeutet auch: Raus aus der Sicherheit. Die Liebesheirat war noch nicht erfunden, und so ist die Geschichte zwischen Katharina und Martin Luther eher eine von Gleichgesinnten, die sich begegnen und eine Familie gründen. Da treffen sich zwei, die eigentlich keine zum Heiraten sind, die aber der Kampf und die Umstände ihrer Zeit verbinden.
„Unsere Kinder werden die ersten sein, die ohne Angst vor Gott aufwachsen, mit dem Wissen um die Liebe Jesu“, sagt Luther an einer Stelle zu seiner Angetrauten. Der kauzige Martin Luther, vielschichtig verkörpert durch Devid Striesow, findet in seiner Frau mit den Jahren ein Gegenüber, das er bei theologischen Tischgesprächen mit Männerfreunden gar um Rat fragt. Am Ende ist Katharina die Managerin des Lutherischen Lebens.
Dass es so nur wenigen glücklichen Frauen jener Zeit ging, ist eine Botschaft des Films, der solide unterhält und es tatsächlich schafft, noch eine überraschende Seite des Reformators zu zeigen. Am Ende verliert sich von Heinz in Details, die an sich wichtig sind, den Film aber überfordern, und im Jahr des Reformationsjubiläums auch andernorts verkündet werden. Der Tod von Luthers Tochter, sein im Alter erstarkender Antisemitismus, seine zornige Arbeitsmoral und eine rührige Liebeserklärung am Schluss – das hätte „Katharina Luther“ nicht gebraucht, um authentisch und ehrlich vom Ehepaar Luther zu erzählen. Dennoch ist das Experiment der weiblichen Reformationsgeschichte größtenteils geglückt und sehenswert. (pro)
Katharina Luther, 105 Minuten, ARD, Mittwoch, 22. Februar, 20.15 Uhr
Von: al