Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben am Montag Papst Franziskus in Rom getroffen. Erstmals lud dabei die EKD das katholische Kirchenoberhaupt explizit zu einem Deutschlandbesuch ein. Eine Antwort allerdings erhielten die Kirchenvertreter ebenso wenig wie vor ihnen Bundespräsident Joachim Gauck oder Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Der Papst hat uns wohlwollend angeschaut“, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx. „Aber meines Wissens nach hat ihn die evangelische Kirche überhaupt zum ersten Mal offiziell nach Deutschland eingeladen.“
Ökumene, ohne Lehrunterschiede zu leugnen
Alle Teilnehmer des Gesprächs betonten auf einer Pressekonferenz im Anschluss die besondere Herzlichkeit der Begegnung in Rom. „In den Gemeinden und Pfarreien erleben wir herzliche ökumenische Begegnungen schon seit Jahrzehnten“, sagte die westfälische Präses Annette Kurschus, die selbst bereits vor zwei Wochen im Rahmen des Europäischen Stationenwegs den Papst getroffen hatte. „Die Leidenschaft, die Ehrlichkeit, die herzliche Wärme ist jetzt tatsächlich auch auf der offiziellen Ebene der Kirche angekommen.“
Ähnlich äußerte sich auch das EKD-Ratsmitglied Michael Diener. „Es war eine absolut ermutigende Begegnung“, sagte er. Auch der Pietismus habe von Anfang an immer versucht, Christen zueinanderzuführen. „Ich bin sehr dankbar, dass in den letzten Jahren die Erkenntnis darüber gewachsen ist, dass wir auch mit vielen Menschen in der Katholischen Kirche Christus verbunden sind.“
Deshalb freue er sich von Herzen über jede Form von Ökumene, die die Lehrunterschiede nicht leugne, aber den Weg zueinander suche, sagte Diener, im Hauptamt Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes.
Kardinal Marx begleitete EKD-Delegation
Doch in Rom ging es nicht nur um Herzlichkeit: Deutlich angesprochen wurden bei der etwa einstündigen Privataudienz auch die ökumenischen Streitpunkte zwischen den Kirchen – insbesondere die Frage des gemeinsamen Abendmahls. „In Familien ist das mitunter schmerzhafte Realität: Wer Kinder, Enkel und Freunde teilt, wird am Tisch des Herrn geteilt“, bedauerte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm während der Audienz. „Deswegen freuen wir uns sehr, wenn wir miteinander den Weg zu noch größerer eucharistischer Gemeinschaft suchen.“
Auch beim Treffen des Papstes mit dem Lutherischen Weltbund zum Auftakt des Reformationsjubiläums in Lund hatten sich beide großen Kirchen bereits verpflichtet, an den strittigen Fragen der Eucharistie und der Ämterfrage gemeinsam weiterzuarbeiten. „Die Sehnsucht danach, dass konfessionsverschiedene Paare gemeinsam zum Abendmahl gehen können, ist auf allen Seiten zum Ausdruck gebracht worden“, sagte Bedford-Strohm am Montag vor Journalisten.
In einem Gespräch mit den vatikanischen Ökumenebeauftragten Kardinal Kurt Koch wurde es dann noch einmal konkreter. Denn Koch hatte schon in Malmö angedeutet, dass es Möglichkeiten geben könnte, das Thema der eucharistischen Gastfreundschaft bei konfessionsverschiedenen Paaren auf nationaler Ebene anzugehen. „Beim Thema konfessionsverschiedener Ehen werden wir nachdenken müssen“, sagte Kardinal Marx, dessen Begleitung der EKD-Delegation in Rom als wichtiges ökumenisches Signal gesehen wurde. „Da werden wir in Gemeinschaft mit dem päpstlichen Einheitsrat überlegen müssen, wie wir weitergehen.“ Er sehe da durchaus Möglichkeiten.
„Ich gehe mit viel Hoffnung in die Zukunft, auch in diesem Jahr“, sagte Bedford-Strohm. „Denn ich spüre auf allen Seiten ganz viel Wille zur Einheit.“ (pro)
von: pro