Das Gedenken an den Holocaust ist fraglich geworden. Die Diskussion um die Erinnerungskultur hierzulande hat unter anderen der Künstler Schahak Schapira in Gang gebracht. Der in Berlin lebende Israeli verwies mit seinem Projekt „Yolocaust“ durch Fotomontagen auf den fragwürdigen Umgang mit dem Holocaust-Mahnmal in der deutschen Hauptstadt. Das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa nutzen Menschen für Selfies, Teepausen oder einfach nur zum Abhängen.
Schapira kam zugute, dass diese Leichtfertigkeit zur Schau gestellt ist, selbst wenn dies arglos geschehen mag. Sie ist damit bereits sichtbar. Dabei darf jedoch nicht untergehen, dass es in Deutschland auch subtilere Formen dieser Leichtfertigkeit gibt; und diese Formen sind nicht so leicht zu greifen. Das gilt auch und gerade für den Umgang mit dem Staat Israel, der von diesem Themenkomplex nicht wegzudenken ist.
Fragwürdige Einladung
Für das jüngste Beispiel sorgte das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle: Es lud den anti-israelischen Intellektuellen Norman Finkelstein zu einem Seminar ein und übernahm dabei unkritisch – man kann auch sagen: leichtfertig – dessen Einladungstext. Und so kam es, dass über dem Jargon von Terroristen, die beim Kampf gegen Israel auch gerne mal von „Märtyrertum“ sprechen, das Logo der Max-Planck-Gesellschaft prangte.
Das Institut distanzierte sich zwar auf Nachfrage von der Rhetorik, verwies dabei aber auch darauf, dass die Einladung für den internen Gebrauch bestimmt war. Das wirft die Frage auf, was in wissenschaftlichen Instituten dieses Landes sonst noch durchgeht, wenn es in internen Seminaren um Israel geht.
Zu diesem Befund addieren sich laut Bundesregierung 1.300 antisemitische Straftaten – davon 36 Gewaltdelikte – und 62 anti-israelische Straftaten im Jahr 2015. Wer hier eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert“ wie Björn Höcke von der Partei „Alternative für Deutschland“, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Die Erinnerung an den Holocaust ist kein Selbstzweck. Nach den Worten des unlängst verstorbenen Bundespräsidenten Roman Herzog, der den Holocaust-Gedenktag 1996 einführte, muss sie „zur Wachsamkeit mahnen“ und „in die Zukunft wirken“. Mit anderen Worten: Das Gedenken ist ohne die Frage nach den gegenwärtigen Formen von Judenhass müßig. Wer sich diese Frage stellt, stößt unweigerlich auf Israel. Für den Umgang mit dem jüdischen Staat gilt daher dasselbe wie für den Umgang mit dem Holocaust-Mahnmal: Leichtfertigkeit, ob sie nun arglos geschieht oder nicht, ist gerade in Deutschland nicht zu entschuldigen. (pro)
Von: df