Mit einem Gottesdienst aus der St. Marienkirche in Berlin-Mitte und einem anschließenden Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin beginnt am Montag das Reformationsjubiläum. Das Meinungsforschungsinstitut Emnid wollte im Oktober im Auftrag der Zeitschrift Chrismon wissen: „Wer ist Martin Luther für Sie am ehesten?“ und hat dazu eine Umfrage durchgeführt. Von den 1007 befragten Personen hielten 37 Prozent den Reformator für einen Kirchenerneuerer. Ein Drittel der Befragten sieht in Martin Luther einen Bibelübersetzer. Elf Prozent halten Luther für einen Nationalhelden und nur 7 Prozent der Befragten denken, dass Luther ein Kirchenspalter gewesen ist.
Der Autor Matthias Kamann legt in einem Artikel in der Zeitung Die Welt die Schwachstelle der Befragung offen. Demnach hat Chrismon nicht fragen lassen, worin die Erneuerung der Kirche letztlich besteht. „Das könnte ein Glück für die Kirche sein“, schreibt Kamann und kommt zu dem Schluss, dass die Deutschen offenbar „kaum eine Ahnung von Luthers Grundanliegen“ hätten.
Als Beleg beruft sich Kamann auf den Religionssoziologen Detlef Pollack von der Universität Münster. Der sagt, dass die Reformation so gut wie nicht wahrgenommen würde, was ihre theologischen Inhalte betreffe. „Wenn man die Leute fragt, was typisch protestantisch sei, fällt ihnen nicht viel ein“, erklärte Pollack gegenüber der Zeitung. In Untersuchungen habe sich herausgestellt, dass „die Mehrheit der Protestanten meine, man könne vor Gott auch durch gute Werke gerecht werden“. Diese Auffassung ist alles andere als protestantisch, denn eine von Luthers wichtigsten Lehren besagt genau das Gegenteil. Die Rechtfertigung kann nicht durch gute Taten erlangt werden, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus.
Typisch protestantisch: „So gut wie nie zur Kirche zu gehen“
Der theologische Grundsatz „solus Christus“ (allein Christus) gehört neben den Prinzipien „sola scriptura“ (allein durch die Schrift), „sola fide“ (allein durch Glauben) und „sola gratia“ (allein aus Gnade) zum Kern reformatorischer Theologie.
Pollack kommt zu dem Schluss, dass die konfessionelle Zugehörigkeit für die meisten Protestanten nicht mehr mit „dogmatischen Aussagen“ verbunden sei, sondern als Aufforderung verstanden werde, „ein guter Mensch zu sein und sich nach dem Gewissen zu richten“. Typisch protestantisch sei hingegen, „so gut wie nie zur Kirche zu gehen“, schreibt Kamann. Das unterscheide Protestanten und Katholiken. Dem Artikel zufolge besuchen weniger als vier Prozent der Protestanten regelmäßig den Gottesdienst. Bei den Katholiken seien das „immerhin noch zwölf Prozent“. (pro)Prominente kommentieren Luther-Sprüche (pro)
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