Dem ZDF-Satiriker Jan Böhmermann steht ein Strafverfahren wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes bevor, nachdem die Bundesregierung die Justiz am Freitag dazu ermächtigt hat. Die Türkei hatte zuvor in einer Verbalnote einen entsprechenden Antrag gestellt, dem die Bundesregierung zustimmen musste. Diese hatte sich zunächst einige Tage Bedenkzeit erbeten. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe es zwischen den Koalitionspartnern unterschiedliche Einschätzungen zu dem Sachverhalt gegeben. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte kurz davor berichtet, das Kanzleramt sei für eine Ermächtigung, das Auswärtige Amt dagegen.
Diese Ermächtigung sei keine Vorverurteilung Böhmermanns, sagte Merkel. In einem Rechtsstaat habe nicht die Regierung, sondern Staatsanwaltschaft und Gerichte das letzte Wort. Zudem kritisierte die Kanzlerin den Zustand der Pressefreiheit in der Türkei. In der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ steht das Land auf Platz 149 von 180 Staaten.
In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz kündigte die Bundeskanzlerin zudem an, den umstrittenen Paragraphen 103 bis 2018 abzuschaffen. Dieser sieht bei einer Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Erdoğan hatte zuvor bereits als Privatmann gegen Böhmermann bei der Staatsanwaltschaft Mainz Strafantrag wegen Beleidigung gestellt, wozu es keiner Ermächtigung durch die Bundesregierung bedurfte.
Der Fall bezieht sich auf eine Sendung des Satirikers Böhmermann in der ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“. Darin hatte Böhmermann ein Gedicht mit dem Namen „Schmähkritik“ vorgetragen, in dem er den türkischen Präsident Erdoğan unter der Gürtellinie beleidigte. Nach eigenen Angaben wollte Böhmermann mit dem Gedicht allerdings lediglich zeigen, was in Deutschland nicht mehr von der Satirefreiheit gedeckt ist. Böhmermann steht seit Tagen unter Polizeischutz. (pro)