Flüchtlinge sollen schneller Arbeit bekommen. Dies sei die nachhaltigste Integrationspolitik. Das ist eine Empfehlung einer Expertenkommission, die Vorschläge zur besseren Integration von Flüchtlingen unterbreitet hat.
Von PRO
Foto: pro/Norbert Schäfer
Armin Laschet (CDU), ehemaliger Integrationsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, hatte den Vorsitz in der Expertenkommission
Im März 2015 hat die Robert-Bosch-Stiftung eine Expertenkommission einberufen, um Wege zu einer schnelleren und erfolgreichen Integration von Flüchtlingen in Deutschland aufzuzeigen. Die Kommission, bestehend aus zehn Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unter dem Vorsitz von Armin Laschet, dem ehemaligen Integrationsminister des Landes Nordrhein-Westfalen (CDU), hat ihren Bericht in Berlin vorgestellt. „Flüchtlingen schnell und unkompliziert Wege in Ausbildung und Arbeit zu eröffnen, ist die beste, weil nachhaltigste Integrationspolitik“, erklärte Armin Laschet. Die Experten plädierten für weniger Bürokratie und schnellere Möglichkeiten für Flüchtlinge, um in den Arbeitsmarkt zu kommen. Es gebe Bedarf nach Arbeitskräften, allerdings müsse „nachqualifiziert“ werden.
Bei der Vorstellung des Berichtes unter dem Titel „Chancen erkennen – Perspektiven schaffen – Integration ermöglichen“ am Mittwoch in der Bundespressekonferenz wies Laschet auf die besonderen Rahmenbedingungen hin, unter denen die Studie entstanden ist. „Diese Kommission hat begonnen mit der Arbeit im März 2015 bei Flüchtlingszahlen – zu dieser Zeit – bei etwa 100.000 bis 150.000, in der Jahresprognose von maximal 200.000.“ Bis zum Jahresende habe Deutschland dann jedoch etwa 800.000 bis 900.000 Flüchtlinge aufgenommen. „Wir haben einen extremen Stimmungsumschwung erlebt von ‚Refugees welcome‘ (Flüchtlinge willkommen) in vielen Medien bis hin zur Regierungsbank mit Stickern, und dann einen brutalen Umschwung dieser Stimmung“, sagte Laschet. Die Entwicklungen hätten zu einer Polarisierung in der Gesellschaft geführt.
Keine Vorentscheidung unter dem Begriff der „Bleibeperspektive“
Zwei große Asylpakete hätten in „Blitzesgeschwindigkeit“ das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und viele Vorschläge der Kommission bereits aufgegriffen. Laschet betonte das hohe Maß an Konsens innerhalb der Kommission, zu der unter anderem neben dem ehemaligen Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, auch Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, und Bilkay Öney, Ministerin für Integration des Landes Baden-Württemberg, angehörten. Eine Vorentscheidung unter dem Begriff der „Bleibeperspektive“ lehne Pro Asyl jedoch aus „grundsätzlicher Überzeugung“ ab, erklärte Laschet, und bestehe darauf, dass jeder Einzelfall „bis zum Ende entschieden wird“.
Zwei Handlungsempfehlungen hat die Kommission ausgesprochen. In einer Art Sprint gelte es, schnell auf die hohen Flüchtlingszahlen zu reagieren. Bei der Aufnahme, den Verfahren, der Verteilung und der Gesundheitsvorsorge dürfe man nicht lange warten. „Das andere ist der Marathon der schulischen Unterrichtung, der Bildungschancen, der Sprach- und Wertevermittlung, der Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration und der Verbesserung der Verfahren und auch der Rückführung und Abschiebung, die mit dazu gehört, wenn man sauber trennt zwischen Asyl und Einwanderung“, sagte Laschet.
Die Kommission habe zum Ziel gehabt, die Integration der Flüchtlinge erfolgreich zu gestalten und „die Akzeptanz des Asylsystems“ in der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit zu erhalten. „Ich glaube, dass wir jetzt an dem Punkt sind, am dem sich entscheidet, ob wir es schaffen und wie wir es schaffen“, sagte Laschet. Die Frage nach dem Wie sei bislang nicht beantwortet. „Wenn es misslingt, ist der Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdet“. Die „große, schnelle Aufnahme“ sei im Moment erledigt; der lange Prozess, der vor uns liegt, beginne nun. „Ob man in zehn Jahren sagt, das Projekt ist gelungen, entscheidet sich an der Umsetzung dessen, was jetzt erforderlich ist.“
Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge weiter vereinfachen
Die Kommission empfiehlt, die Kompetenzen von Flüchtlingen frühzeitig zu erfassen und auf einer zentralen Plattform allen beteiligten Behörden darüber Einsicht zu gewähren. Dadurch können die Betroffenen schnell und gezielt in den Arbeitsmarkt vermittelt werden. Darüber hinaus müsse die Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge weiter vereinfacht werden, beispielsweise durch den Zugang zu Zeitarbeit für alle arbeitsberechtigten Asylbewerber und die Überarbeitung der derzeitigen „Vorrangprüfung“. Diese führe dazu, dass Flüchtlinge nicht beschäftigt werden können, wenn es einen „bevorrechtigten“ deutschen Arbeitssuchenden für die Stelle gibt. Zudem plädierte die Kommission für einen Ausbau des sozialen Wohnungsbaues.
„Die Überlegungen, zu einem europäischen Asylrecht zu kommen, sind das, was eigentlich längst erforderlich ist“, erklärte der CDU-Politiker auf Anfrage. „Wir haben 28 nationale Asylrechte. […] Wir haben in den letzten Monaten erlebt, dass nationalstaatliche Lösungen nicht wirklich die Krise ändern“, erklärte Laschet. Wer im Binnenmarkt Grenzen schließe, schiebe das Problem auf den Nachbarn. Es gelte, eine „Art europäisches Asylrecht“ zu schaffen mit vergleichbaren Standards und mit europäischen Verteilsystemen, wie man es zwischen den deutschen Bundesländern kenne. (pro)
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