Uschi Glas‘ Mutter war Hausfrau. Sie leitete neben ihren alltäglichen Aufgaben eine evangelische Jugendgruppe und war im Kirchenchor aktiv. In einer kurzen, würdevollen Hommage ihres Buches „Herzenssache“ beschreibt Glas sie als „unglaublich fleißige und liebevolle Frau“. Glas, die in der Bundesrepublik der 1960er-Jahre mit ihren Rollen in Edgar-Wallace-, Pauker- und Schätzchen-Filmen berühmt wurde, kann sich überhaupt nur einmal daran erinnern, dass sie ihre Mutter weinen sah. Das sei gewesen, als mal wieder nicht genügend Geld für die Grundversorgung der Familie in der Haushaltskasse war.
Diese Beschreibung einer persönlichen Mangelerfahrung stellt Uschi Glas im Buch „Herzenssache“ hinten an. Davor schildert Glas ausführlich, wie sie mit ihrem Mann Dieter Hermann das Projekt „brotZeit“ für eine ausgewogene Ernährung von Schulkindern ins Rollen brachte. Ein Radiobeitrag während einer Autofahrt hatte sie aufgeschreckt. Darin erzählte der Moderator, dass in Bayern täglich 3.000 Kinder hungrig in die Schule gingen. Für Glas war das ein unhaltbarer Zustand.
„Gemeinsame Mahlzeit etwas Heiliges“
In „Herzenssache“ zeichnet Glas die Entwicklung ihres gemeinnützigen Vereins „brotZeit“ nach. Sie beschreibt, wie aus einer fixen Idee, helfen zu wollen, ein großes Projekt geworden ist. Seit dem Gründungsjahr 2008 ist der Verein bundesweit in 154 Schulen aktiv und versorgt 7.500 Kinder mit Frühstück. Glas und ihr Mann schlossen Kooperationen mit Politik und Großunternehmern und haben ehrenamtliche Helfer, darunter viele Senioren, vor Ort ins Team geholt. „Eine gemeinsame Mahlzeit ist etwas Heiliges, aber nichts verkniffen Heiliges“, schreibt Glas. In ihrer Familie hätten sich alle vor jeder Mahlzeit an den Händen gefasst, gemeinsam gebetet und sich einen guten Appetit gewünscht. Ein Ritual, das sie und ihre Geschwister als Erwachsene auch in die eigenen Familien eingebracht hätten. Die Unterstützung durch die ehrenamtlichen Helfer und die Spenden der Menschen für „brotZeit“ erinnern Glas an eine Bibelstelle aus dem Markusevangelium. Darin beobachtet Jesus im Tempel Menschen, die Geld in den Opferkasten werfen. Bei einer Witwe, die zwei kleine Geldstücke in den Kasten legt, sagt Jesus zu seinen Jüngern, sie habe mehr als alle anderen gegeben. Denn im Gegensatz zu den anderen Spendern habe sie ihre ganze Habe eingelegt. Glas betont, dass es vom Einzelnen keine Millionen bräuchte, sondern nur eine helfende Hand im richtigen Augenblick.Politisch gebranntes Kind der 1960er-Jahre
Interessant ist, dass Glas auf ihren Glauben und die christliche Motivation für das Projekt „brotZeit“ gegen Ende des Buches zu sprechen kommt. Ein wenig scheint bei dieser Entscheidung wohl noch das politisch gebrannte Kind aus den 1960er-Jahren durch. Glas erzählt vom Bundestagswahlkampf des Jahres 1969. Damals nötigten sie andere Filmschaffende, auf einer Unterschriftenliste für Willy Brandt mitzumachen, was sie ablehnte. Als sie sich später auch nicht mit der Kampagne „Mein Bauch gehört mir“ für ein „Recht auf Abtreibung“ identifizieren konnte, galt sie in der Öffentlichkeit schnell als „CSU-Zicke“ und „unheilbar konservativ“. Uschi Glas‘ Buch „Herzenssache“ und auch ihr gemeinnütziges Projekt „brotZeit“ beruhen auf christlichen Werten. Für Glas ist die Nächstenliebe die „ganz große treibende Kraft im Christentum“. Sie bezeichnet Jesus als ihr Vorbild. Allerdings muss man das Buch auch bis zum Schluss gelesen haben, um das zu erfahren. (pro)Uschi Glas: „Herzenssache. Vom Glück, gebraucht zu werden“, adeo, 248 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 9783863340834