Pfarrer kritisieren virtuelles Abendmahl

Pfarrer Heiko Bräuning will am Ostersonntag das Abendmahl austeilen. Neu dabei ist, dass die Teilnehmer daheim vor dem Fernsehen teilnehmen können. Die Abendmahlfeier via TV hat Fragen aufgeworfen und ist auf Kritik gestoßen.
Von PRO
Abendmahlskelch, Brot
Pfarrer Heiko Bräuning will am Ostersonntag in einem Fernsehgottesdient das Abendmahl austeilen und dabei die Zuschauer an den Fernsehapparaten daheim mit einbeziehen. In der Sendung „Stunde des Höchsten“, die wöchentlich über Bibel TV ausgestrahlt wird, können Zuschauer des Gottesdienstes am Ostersonntag von zu Hause aus an dem biblischen Gedächtnismahl teilnehmen und dazu Brot und Wein bereitstellen. Die Liturgie in dem Fernsehgottesdienst hält sich laut einer Erklärung Bräunings auf der Internetseite der Gottesdienstsendung „im Großen und Ganzen an die Agenda der Württembergischen Landeskirche“. Gemeinschaft entstehe „nicht mehr nur exklusiv an einem Ort, wo sich die Teilnehmenden räumlich versammeln. Gemeinschaft entsteht in einer medialen Welt auch ‚virtuell‘“, schreibt Bräuning. Die Gegenwart Christi, das Verbundensein mit Christus, sei ebenfalls eine „virtuelle“ Gemeinschaft. Bräuning begründet sein Vorhaben mit der Erfahrung bisheriger Fernsehgottesdienste. „Es statuiert sich de facto eine ‚Fernsehgemeinde‘“. Darin verortet Bräuning, Pfarrer und Synodaler der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, zuerst solche Gemeindeglieder, „die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht mehr in der Lage sind, zur örtlichen Kirchengemeinde zu gehen, zum Beispiel Ehepartner von pflegebedürftigen Angehörigen“, aber auch Menschen, die sich von der „institutionalisierten Kirche“ entfernt hätten. Am Palmsonntag hatte Bräuning die Zuschauer eingeladen, daheim Brot und Wein oder Traubensaft für den Ostersonntag bereitzustellen, um dann am Abendmahl teilzunehmen, erklärte er auf Anfrage von pro.

Mediale Taufe nächster Schritt?

Das Vorhaben des Pfarrers ist im Vorfeld auch auf Kritik gestoßen. In einem Brief, der ebenfalls auf der Internetseite der Fernsehgottesdienst-Aktion einsehbar ist, wandten sich mehrere Pfarrer an die Präsidentin der Württembergischen Landessynode, Inge Schneider, und wollten vom zuständigen Oberkirchenrat wissen, wie die Abendmahlsfeier via Fernsehen theologisch zu bewerten sei. Unter anderem fragten sie, ob „in Konsequenz der genannten Praxis auch die medial vermittelte Taufe als mögliche Praxis“ daraus folgen könnte. Der zuständige Oberkirchenrat Ulrich Heckel sieht bislang keinen Grund, gegen die Abendmahlsfeier im Fernsehen vorzugehen. Seiner Auffassung nach sei eine „Sakramentenfeier ohne physisch anwesende Gemeinde“ aus reformatorischer Sicht eine Unmöglichkeit. Jedoch gingen „sämtliche biblischen, altkirchlichen und reformatorischen Quellen davon aus, dass der Gottesdienst wesentlich an einem Ort gemeinsam gefeiert wird, zu dem die Gemeindeglieder sich versammeln“, erklärt er in seiner Stellungnahme. „Die moderne Form medialer Gottesdienste konnte hier allerdings noch nicht im Blick sein.“

„Offene Kirche“ befürchtet Individualisierung

Heckel erklärt in dem Schreiben, dass die Sakramente nach evangelischem Verständnis nicht durch den korrekt vollzogenen Ritus automatisch wirksam seien, sondern durch das Wort der Verheißung, das mit den Elementen verbunden sei. Deshalb „kann nicht ausgeschlossen werden, dass Gott auch die Zuschauer des Fernsehgottesdienstes bzw. die User am Internet der Wirkungen des Sakramentes gewiss macht, soweit diese sich auf das Wortgeschehen im Glauben einlassen“. Abschließend verwies Heckel darauf, Gott zu zutrauen, „dass er auch auf diesen Wegen wirken kann, wann und wo es ihm gefällt“. Die Stellungnahme des Oberkirchenrates ist wiederum bei Vertretern der „Offenen Kirche“, einem kirchenpolitischen Zusammenschluss innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, auf Kritik gestoßen. „Durch die Form der Abendmahlsfeier über den Bildschirm leistet die Kirche der Individualisierung und der Selbstbedienungsmentalität in einer Weise Vorschub, die keinesfalls einem evangelischen Verständnis der Sakramente entspricht“, heißt es in einer Pressemitteilung des nicht eingetragenen Vereins vom Dienstag. In der Pressemitteilung plädieren die Unterzeichner dafür, das „Hausabendmahl neu zur Geltung zu bringen“. Zu der Erklärung der Offenen Kirche sagte Bräuning am Mittwoch gegenüber pro: „Mich freut, dass die Offene Kirche das Hausabendmahl beleben möchte.“ Jedoch ärgere es ihn, dass der Verein eher kritisiert, statt konstruktiv nach vorne denkt „und sich kreativ den neuen medialen und demographischen Herausforderungen der Kirche stellt“.

Persönliches statt virtuelles Abendmahl

Auch Rolf Hille, Pfarrer der Württembergischen Landeskirche und Professor für Systematische Theologie an der Freien Theologischen Hochschule in Gießen, sieht das virtuelle Abendmahl kritisch. „Das Abendmahl ist wesensmäßig ein Gemeinschaftsmahl. Man darf die leibhaftige Erfahrung der Gegenwart des Auferstanden erleben. Hinzu kommt das Sündenbekenntnis mit dem persönlichen Zuspruch der Vergebung“, erklärte er auf Anfrage von pro. „Wenn dies nur medial durchs Fernsehen vermittelt wird, so bekommt es bei aller Offenheit der Mitfeiernden doch einen anderen Charakter.“ Hille empfiehlt: Menschen, die beispielsweise aufgrund von Krankheit nicht am gottesdienstlichen Abendmahl teilnehmen können, sollten einen örtlichen Seelsorger oder ein dazu autorisiertes Gemeindemitglied bitten, ihm das Abendmahl zu reichen. Sündenbekenntnis, der Zuspruch von Vergebung sowie die direkte Austeilung von Brot und Wein seien so „gemäß dem Willen Jesu zu erfahren“. Das Ausmaß der Kritik an und der Widerstand gegen seinen TV-Gottesdienst mit Abendmahl hat den Initiator Bräuning nach eigenen Angaben „ziemlich überrascht“. Der Gottesdienst „Stunde des Höchsten“ wird am Ostersonntag auf Bibel TV um 9:15 Uhr und um 14:00 Uhr übertragen. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/radio/detailansicht/aktuell/seelsorge-zwischen-beat-und-pop-94776/
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2 Antworten

  1. Ich habe leider vom österlichen Abendmahl per TV nichts gewusst – aber ich finde es GUT!
    Jutta Heindrich, Pfarrerin i.R.

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  2. Ich habe den Gottesdienst mit Abendmahl gesehen und er hat mich sehr berührt.
    Mein Mann im Krankenhaus sah ihn auch und weinte und rief mich gleich an und wünschte sich das Abendmahl,das wir dann mit der KrankenhausSeelsorger feierten
    Ich hätte auch keine Bedenken zu Hause vor dem Bildschirm zu feiern ,denn Jesus ist auch hier anwesend,
    Wir hatten die letzte 2 Jahre kein Abendmahl in der Kirche,da habe ich ab und zu mal in Fernsehngottesdiensten mitgefeiert. Was soll daran verkehrt sein ?

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