Über den Kern der Moralvorstellungen

Streng religiöse Menschen haben strengere Moralvorstellungen, was Sozialverhalten und Sexualität betrifft. Bei Verstößen gegen die Ehrlichkeit nehmen sie es hingegen nicht so genau. Die Auswirkungen für die Gesellschaft stellt der US-Verhaltensforscher Michael McCullough in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung dar.
Von PRO
Vor allem beim Thema Sexualität legen Religiöse engere Maßstäbe an bei ihren moralischen Vorstellungen. Vertrauen und Ehrlichkeit haben eher eine nachrangige Bedeutung.
Die Gläubigen der Weltreligionen beziehen den Kern ihrer Moralvorstellung eher auf Sex, Heirat und Fortpflanzung als auf Vertrauen, Ehrlichkeit und Großzügigkeit. Warum dies so ist, erklärt der Verhaltensforscher Michael McCullough in der Süddeutschen Zeitung. Sämtlichen Weltreligionen, die fünf von sieben Menschen ausführen, gehe es darum, sich um andere zu kümmern und einen Blick für Außenstehende zu haben. Aus wissenschaftlicher Sicht sorge ein beobachtender Gott, der das Tun belohnt oder bestraft, dafür, motivierter, vertrauensvoller und ehrlicher zu sein als sonst, erläutert McCullough eine gängige Theorie. Laut der Theorie der reproduktiven Religiosität nutzen Menschen Religion, um eigene Vorlieben bezüglich Sex, Heirat und Fortpflanzung zu gestalten. Religiöse Menschen aus allen Hintergründen stünden demnach Gelegenheitssex und Promiskuität viel feindlicher gegenüber als weniger religiöse. McCullough ist Verhaltensforscher an der Universität von Miami.

Motor der natürlichen Auslese

Der Glaube beeinflusse die Ansichten der Menschen zu unterschiedlichen Themen: je weniger diese Moralvorstellungen sexuell geprägt seien, desto geringer sei auch der Einfluss der Religion. Homosexualität und sexuelle Untreue stünden in der Skala deutlich höher als Unehrlichkeit und Vertrauensbrüche. Dies habe eine weltweite Studie mit 300.000 Befragten aus 90 verschiedenen Ländern bestätigt. McCullough sieht im Sex den „Motor der natürlichen Auslese“. Religiösen Menschen gehe es darum, jedes verfügbare Mittel zu verwenden, die Welt entsprechend ihrer Vorstellungen von Liebe und Heirat zu beeinflussen. In diesem Geflecht müsse man auch die sexuellen Gräueltaten von religiösen Extremisten bedenken. Die Wissenschaft muss aus Sicht des Amerikaners herausfinden, wie religiöse Glaubensvorstellungen wie Monogamie und bürgerliche Familienwerte zusammenpassen mit Gruppenvergewaltigungen und Sexsklaverei bei radikal-islamischen Gruppen wie Boko Haram oder dem IS. (pro)
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