Michael Stahl wächst in einem kleinen Städtchen in Baden-Württemberg auf. Sein Vater ist alkoholabhängig. Ständig demütigt er Michael und schenkt ihm kaum Zuwendung. Michael beginnt, sich von seinem Vater zu distanzieren, verheimlicht seinen Wohnort und sieht sich dennoch ständigem Spott durch seine Mitschüler ausgesetzt. Viele grenzen ihn aus, sein arbeitsloser Vater verprügelt ihn regelmäßig und schimpft ihn einen Nichtsnutz. Schon als kleiner Junge spürt Michael allerdings die Liebe Gottes und will sich ihm anvertrauen. Doch der Schatten seines leiblichen Vaters hängt ihm an. Die Leute tuscheln über seine Familie, weil sein Vater in der ganzen Stadt als Trinker bekannt ist. Seine erste Freundin lässt ihn deswegen sogar sitzen.
Mühsam erarbeitet sich Michael seine eigene Existenz, er heiratet und bekommt mit seiner Frau einen Sohn. Als begeisterter Sportler trainiert er Kampfsport, seit er zwölf Jahre alt ist. Schließlich wird er selbst Trainer, nimmt zuerst einen Nebenjob als Türsteher an, bald darauf ist er hauptberuflich als Personenschützer unterwegs. Diese Aufgabe begeistert ihn und er stürzt sich in seine Arbeit, begleitet große Stars wie Nena und sein Kindheitsidol Muhammad Ali auf ihren Touren. Doch darüber geht bald seine Ehe in die Brüche, seine alten Wunden verhindern, dass er endlich zur Ruhe kommt. Als er erneut eine feste Bindung eingehen will, wird ihm klar, dass er die Dinge zwischen ihm und seinem Vater sowie seinem Sohn ins Reine bringen muss.
Was jeden Menschen angeht
Stahls Biografie berührt den Leser in einer ganz besonderen Weise. Warum das so ist, dafür mag es viele Gründe geben. Seine erschütternde Vergangenheit, die Ehrlichkeit, mit der er ausführlich über diese berichtet, seine allzu nachvollziehbare Sehnsucht nach Liebe, all das kann dem Leser sehr nahe gehen. Warum „Kein Herz aus Stahl“ jedoch so packt, das liegt an dem Thema des Buches: Väter. Dazu hat jeder Mensch einen persönlichen und ganz eigenen Bezug. Die lange Geschichte, wie Michael versucht hat, von seinen Wurzeln davon zu laufen das ist die Geschichte von ziemlich vielen Menschen, findet Stahl. Um dem entgegenzuwirken hat er dieses Buch geschrieben. Väter dazu aufzurufen, Verantwortung zu übernehmen, ist eines von Stahls Herzensanliegen. Söhne dazu aufzurufen, sich darauf vorzubereiten, eines Tages selbst Verantwortung zu übernehmen, ein zweites. Dazu gibt er etliche Selbstverteidigungskurse und Seminare, in denen er den Teilnehmern Selbstannahme, Respekt und Überwindung von Ausgrenzungen vermitteln will. Stahls drittes Anliegen kommt am allerstärksten im letzten Kapitel des Buches zum Ausdruck: Er lädt zum Nachdenken über den Vater im Himmel ein. Dem Vater, der ihm half, Versöhnung mit seinem irdischen Vater zu suchen. Dem Vater, dem er für seine Zuneigung so dankbar ist. (pro)Michael Stahl/Martin Schmiedel: „Kein Herz aus Stahl – Außenseiter, Bodyguard, Herzenskämpfer“, Brunnen-Verlag, 208 Seiten, 14,99 Euro