Die offene Tür steht als Sinnbild für Chancen, die das Leben verändern können – positive wie negative. Denn eine „offene Tür bedeutet nicht, dass auf der anderen Seite alles angenehm und glattläuft“, schreibt der amerikanische Pastor John Ortberg in seinem neuen Buch „Die Tür ist offen“.
Die geöffnete Tür sei eine Möglichkeit, kein „fertiges Drehbuch“. Die Seiten des Drehbuchs zu füllen, sei Aufgabe des Menschen. Ortberg lernte das Prinzip der „geöffneten Tür“ durch seinen Griechisch-Dozenten am College kennen: „Es ist eine Tür, die Gott selbst bewusst, mit Bedacht, mit einem Ziel im Sinn und mit Absicht vor uns geöffnet hat“, schreibt der Autor in seinem Nachwort über den Griechischkurs. Seitdem hat Ortberg selbst immer wieder eigene Erfahrungen mit geöffneten Türen gemacht. So zum Beispiel als er die Möglichkeit bekommen hat, als Pastor in der Gemeinde Willow Creek zu arbeiten. Diese Chance stellte ihn vor große Fragen und verlangte von ihm Entscheidungen.
Ortberg führt sehr früh die Unterscheidung zwischen „Offene-Tür-Menschen“ und „Geschlossene-Tür-Menschen“ ein, die vor allem darin besteht, worin sie selbst ihren Wert als Mensch bemessen. So sei für die „Offene-Tür-Menschen“ das persönliche Fortkommen wichtig, während die „Geschlossene-Tür-Menschen“ den Wert ihres Menschseins an ihren Fähigkeiten bemessen. Diese Einteilung wird allerdings zum Verständnis des Buches nicht benötigt, denn viel später teilt Ortberg die Menschen in „Impulsive“ und „Zauderer“ ein. An dieser Stelle nimmt er keinen Bezug auf seine vorherigen Kategorien – braucht er aber auch nicht, denn an diesen zwei Typen lässt sich sehr gut erklären, dass es „Zauderern“ schwer fällt, Entscheidungen zu treffen, „Impulsive“ dagegen häufig übereilt Beschlüsse fällen.
Tipps mit fraglichem Hilfspotenzial
Praktische Tipps, um die Entscheidungsfindung zu üben, gibt Ortberg seinen Lesern auch. So schlägt er beispielsweise vor, einer Mutter auf dem Spielplatz zu sagen, dass ihre Kinder ein großes Geschenk seien, oder einen neuen Kollegen freundlich zu begrüßen. Ob diese Übungen helfen, offene Türen zu erkennen und auch größere Entscheidungen zu treffen, ist fraglich. Der Autor zeichnet in seinem Buch ein Bild von einem Gott, der an den Menschen festhält und hartnäckig bleibt. Ortberg räumt auf mit Vorurteilen, die Menschen häufig gegenüber Gott haben. Er nimmt Bezug auf die Suche nach dem Willen Gottes in alltäglichen Dingen und wählt als Beispiel eine Person, die an einer bestimmten Universität studieren möchte. „Wenn Gott will, dass ich an die Universität gehe, an die ich sowieso gehen will, dann wird er als Zeichen dafür morgen die Sonne im Osten aufgehen lassen.“ Wichtig ist dem Pastor, dass die Menschen ihre eigene Wahl treffen, anstatt sie auf Gott abzuwälzen. Eine Entscheidung ist jedoch immer wieder aufs Neue eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Der Mensch muss sich damit beschäftigen, welche Tür er durchschreitet, welche die „richtige“ Wahl ist und lernt sich dabei besser kennen. Eine große Entscheidung zu treffen, lässt die Persönlichkeit reifen, so eine These des Autors. Das leicht lesbare Buch eignet sich für Personen, die sich gerne vor Entscheidungen drücken. Jedoch sind die Ideen, die Ortberg beschreibt, nicht neu. Die Theorie der offenen Türen lässt sich leicht mit anderen Symbolen aufbauen. Ortberg beschreibt vor allem Abläufe, die bei Entscheidungen im Unterbewussten stattfinden. Mit den Überschriften führt der Autor oft eine These ein und erklärt diese vor allem mit Beispielen aus seinem eigenen, dem Leben anderer Menschen und der Bibel. Die gut lesbaren Beispiele reihen sich aneinander, sind jedoch in diesem Maß zum Verständnis eigentlich nicht notwendig, weil die Aussage recht schnell klar wird. (pro)John Ortberg: Die Tür ist offen Ergreife Gottes Chancen, SCM Hänssler, 304 Seiten, 17,95 Euro, ISBN 978-3-417-26634-4