Seit dem 30. Dezember hat Polen ein neues Mediengesetz. Es soll nach Angaben der Regierung „christliche und nationale“ Werte fördern. Weil die staatlichen Fernsehsender damit direkt der Regierung unterstellt werden, kündigen die ersten führenden Mitarbeiter jetzt ihre Arbeitsplätze.
Verteidigt das neue polnische Mediengesetz als fair: Außenminister Witold Waszczykowski
Polens staatliche Fernsehsender sollen zukünftig direkt der Regierung unterstellt sein. Bisherige Gremien sollen durch einen fünfköpfigen Aufsichtsrat ersetzt werden, der aus Abgeordnetenhaus, Senat und Staatspräsident besteht und die Sender beaufsichtigt. Die regierende Partei „Recht und Gerechtigkeit“ von Jaroslaw Kaczynski hat in beiden Kammern die absolute Mehrheit.
Außenminister findet das Gesetz fair
Polens Außenminister Witold Waszczykowski verteidigte das Gesetz in der Bild-Zeitung als „fair“. Es solle „Krankheiten beseitigen“ und Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen schaffen. „Als müsse sich die Welt nach marxistischem Vorbild automatisch in nur eine Richtung bewegen – zu einem neuen Mix von Kulturen und Rassen, eine Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energie setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen“. Das habe mit traditionellen polnischen Werten nichts zu tun, findet Waszcykowski.
Kritiker fürchten, dass mit dem neuen Gesetz kaum noch über regierungskritische Themen berichtet wird. Das Parlament hat das Gesetz am 30. Dezember verabschiedet. Binnen zwei Wochen muss es jetzt der polnische Präsident Andrzej Duda unterzeichnen. EU-Medienkommissar Günther Oettinger will das Vorgehen Polens durch die EU-Gremien kontrollieren lassen. Er fürchtet Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit.
Falls Polen nicht auf Änderungswünsche der Kommission reagiert, könnte ihnen zunächst ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen europäische Grundwerte drohen. Am Ende könnte der Entzug von Stimmrechten stehen. Wie tagesschau.de meldet, haben Direktoren des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP bereits reagiert und ihren Rücktritt eingereicht. Sie wollten damit offenbar ihrer Entlassung zuvorkommen, die sie durch das neue Mediengesetz befürchten.
Bruch mit der kommunistischen Vergangenheit
Der Stern schreibt, dass Inhalte und Stoßrichtung des Gesetzes stark an Ungarn erinnern. Dort hatte Regierungschef Viktor Orban nach seinem Wahlsieg 2010 ein repressives Medienrecht geschaffen: „Die Öffentlich-Rechtlichen sind seitdem strikt gelenkte Sprachrohre der Regierung“, schreibt der Stern. Begründet wurde dies damals mit der „angeblichen Notwendigkeit eines Bruchs mit der kommunistischen Vergangenheit“. Zehntausende demonstrieren auf den Straßen.
Das polnische Gesetz soll die „nationalen Traditionen und patriotische und humanistische Werte“ sowie „das auf universale ethische Prinzipien gestützte christliche Wertesystem“ unterstützen. Die polnische Opposition prangerte im Parlament an, dass dies der Einführung von Staatsmedien, die bald auch Parteimedien werden würden, gleichkomme. Inzwischen haben mehrere internationale Journalistenverbände gegen das neue Gesetz protestiert. (pro)
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