„Lassen wir den Staat nicht allein“, sagte Di Fabio den Synodalen der EKD. Der Staat brauche den Glauben – „zumindest als Option, als Herausforderung“. Aber auch der Glaube brauche einen modernen, neuzeitlichen Staat, „der auf gemeinsame, universelle Werte gründet, wie es auch unser Grundgesetz tut“.
Das wollte Di Fabio nicht als Forderung nach einer Staatskirche verstanden wissen, sondern im Gegenteil, als Plädoyer für eine Trennung von Kirche und Staat. Kirchen seien daher keine „politischen Akteure, aber sie irritieren den politischen Prozess“. Sie nähmen Stellung. Damit stünden sie seit 500 Jahren für ein Stück Zivilgesellschaft, „die eine besondere Fundierung besitzt, nämlich im Glauben, in der Heiligen Schrift“.
Auch zur Flüchtlingsfrage nahm der ehemalige Verfassungsrichter Stellung. Glaube und Staat dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Die einen können nicht um des Staates und seiner Institutionen willen Grenzen verriegeln und verschließen, aber wir können sie auch nicht aus einem humanen Imperativ einfach auflassen. Beides wäre ein Abschied von der Dialektik der Neuzeit“, sagte Di Fabio. In diesem Sinne sei nicht nur eine „Entchristlichung“ eine Gefahr, sondern auch eine „Entstaatlichung“.
Gerade das Internet fördere die „Vereinfacher und Verschwörungstheoretiker“. Daher müssten die Grundlagen der Werteordnung in Deutschland neu gelernt werden. „Die Meinung muss ausgehalten werden, vor allem dann, wenn sie falsch ist – und nicht nur, wenn wir sie sowieso für richtig halten. Ich glaube, wir haben wieder einiges zu lernen.“
Udo Di Fabio war von 1999 bis 2011 Richter am Bundesverfassungsgericht. Seit 2014 ist er Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der EKD für das Reformationsjubiläum.(pro)