Anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 diskutieren der evangelische Komiker Eckart von Hirschhausen und die katholische Politikerin Julia Klöckner (CDU) über befreiende Kräfte der christlichen Religion und Bildung. Ihrer Meinung nach hat Luther nicht nur von theologischen Schieflagen befreit, sondern auch den Anstoß gegeben für ein Selbstbewusstsein, welches auch für die heutige Medizin interessant sei. So stellt der ausgebildete Arzt von Hirschhausen fest, dass viele einsame Menschen mit einer „pseudoreligiösen Erwartungshaltung“ ins Wartezimmer des Arztes kämen. Sie haben den „Wunsch nach Gesehenwerden, Berührtwerden im wahrsten Sinne des Wortes, nach Erlösung, nach Gnade“. Die „Priesterkaste der Ärzte“ begegne diesem Wunsch teilweise mit distanzierendem lateinischen Fachjargon und vermittle damit eine gewollte Abhängigkeit. „Luther hat den Anstoß dafür gegeben, dass man sich die heilenden Kräfte der Bildung klargemacht hat“. Dieses Selbstbewusstsein ermögliche, dass die Patienten nicht von der Allmacht der Ärzte abhängig seien und sich selbst bilden könnten.
Für die studierte katholische Religionslehrerin Klöckner ist Luthers Betonung der „befreienden Kraft der Bildung“ einer der Hauptgründe für die Verankerung des Reformationstages als gesetzlicher Feiertag. „Ohne Luther wäre die katholische Kirche nicht da, wo sie ist. Ich wollte kein Kirchenmitglied im 15. Jahrhundert sein.“ Kritisch fügt sie an, dass Luther „nicht den Bruch mit der katholischen Kirche“ wollte, aber zu Recht das Geschäft mit der Angst ums Seelenheil verurteilt habe.