Zum Thema Ehescheidung sagt der katholische Katechismus: „Der Ehepartner, der sich wieder verheiratet hat, befindet sich […] in einem dauernden, öffentlichen Ehebruch.“ Wie lässt sich die heutige Lebenswirklichkeit, in der etwa jede zweite Ehe geschieden wird, mit den hohen Standards der katholischen Lehre zusammenbringen? Bereits im Oktober 2014 gab es eine Bischofssynode zum Thema Familie und Sexualität, auf der unter anderem dieses Thema diskutiert wurde. Sie diente einer ersten Bestandsaufnahme, konkrete Entscheidungen wurden noch nicht getroffen. Im zweiten Teil der Synode soll es im Oktober nun konkreter werden. Zur Debatte steht unter anderem die Frage, ob geschiedenen und wiederverheirateten Katholiken der Zugang zur Kommunion gewährt werden soll. Papst Franziskus spricht davon, „Türen zu öffnen“ und „diesen Menschen eine brüderliche Aufnahme in der Kirche zu bieten“.
Dies dürfte allerdings angesichts der offiziellen Lehre eine Herausforderung bleiben. Im Katechismus der katholischen Kirche wird Ehebruch zusammen mit Gotteslästerung, Meineid und Mord als Todsünde benannt. Eine Todsünde führt zum „Ausschluss aus dem Reich Christi und zum ewigen Tod in der Hölle, wenn sie nicht durch Reue und göttliche Vergebung wieder gutgemacht wird“. Eine individuelle Beichte und Absolution sind notwendig, um wieder zu den Sakramenten zugelassen zu werden. Dies ist bei Wiederverheirateten insofern schwierig, als sie nicht eine einmalige Sünde begehen, sondern in einem „sündigen Lebenswandel“ verharren. Eine Umkehr wäre so gesehen nur nach einer erneuten Scheidung möglich. Begründet wird die Unauflöslichkeit der Ehe mit den Worten Jesu: „Deshalb wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein… was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“. (Matthäus 19,5-6) An anderer Stelle sagt Jesus: „Wer seine Frau entlässt, obwohl sie die Ehe nicht gebrochen hat und eine andere heiratet, begeht Ehebruch.“ (Lukas 16,18)
Eine Mehrheit der deutschen Bischöfe spricht sich in einem im Juni 2014 veröffentlichten Papier dafür aus, auch Menschen in zweiter Ehe aus Barmherzigkeit an der Kommunion teilhaben zu lassen. Allerdings nur nach einer Zeit der Reue und nach gründlicher Prüfung des Einzelfalls. Laut einer Umfrage, die Theologiestudenten im Vorfeld der Synode durchgeführt haben, würden etwa 90 Prozent der in Deutschland befragten Gläubigen dies befürworten. Die Ergebnisse der Umfrage, an der sich 11.000 Menschen aus 42 Ländern beteiligten, wurden am 18. August in Berlin vorgestellt. Eine deutliche Mehrheit ist zudem für die Zulassung von Frauen als Diakoninnen, für eine Aufhebung des verpflichtenden Zölibats für Priester und für eine Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.
Auf der anderen Seite steht eine „Allianz der Hardliner“, die angesichts des öffentlichen Drucks ein Einknicken der Kirche befürchten. In einem Appell mit dem Titel „Ergebene Bitte an Seine Heiligkeit Papst Franziskus“, den bislang etwa eine halbe Million Gläubige unterschrieben haben, fordern sie den Papst zu einem eindeutigen Bekenntnis zur Tradition auf. Innerhalb der Kirche habe sich „ein Spalt aufgetan“ zwischen den Rechtgläubigen und Priestern, die „die Lehren Christi über eheliche Treue und die Unauflöslichkeit der Ehe“ infrage stellten. Durch die Diskussionen im Rahmen der Synode, kritisieren Hardliner, werde das, was Jesus selbst gelehrt habe, angezweifelt. Solche „unnützen Diskussionen … über Wahrheiten, die sich nun einmal nicht verändern lassen“, müsse man gar nicht führen, sagt einer der Traditionalisten, Kardinal Burke. Ob sich für Katholiken in zweiter Ehe etwas ändert, bleibt abzuwarten.(pro)