pro: In Ihrer Show „Wunderheiler“ spielen Sie oft auf die Bibel an: Mose, Sara und Isaak, Wunder von Jesus – warum machen Sie das?
Eckart von Hirschhausen: Weil die Bibel und die zentralen Ideen von Religion in jedem Leben eine wichtige Rolle spielen, selbst wenn wir das bewusst gar nicht so wahrnehmen. Nehmen Sie die Heilungsgeschichten aus der Bibel: Abgesehen von ihrer theologischen Bedeutung zeigen sie, dass die seelische Gesundheit wichtiger ist als die rein körperliche. Vielleicht wäre Jesus heute Bewusstseinsforscher, oder UNICEF-Botschafter oder Clown im Krankenhaus. In jedem Fall hätte er wahrscheinlich Ärger mit der Ärztekammer, den Pharisäern der Neuzeit, ob er überhaupt am Feiertag und ohne abgeschlossenes Studium heilen darf! Und ich erinnere daran, dass jeder Mensch ein Wunder ist. Wir bewundern, dass Jesus Wasser zu Wein gemacht hat. Aber ist es nicht ebenso erstaunlich, dass unser Körper in der Lage ist, über Nacht aus dem ganzen Wein wieder Wasser zu machen?Glauben Sie an den Gott, von dem die Bibel berichtet, dass er Wunder tut und sogar Tote zum Leben erweckte?
Ich empfinde mich als Christ, aber es ist schwer zu sagen, woran ich genau glaube. An keinen persönlichen Gott; eher die Vorstellung, Teil eines größeren Zusammenhangs zu sein, einer Energie, die wir für oder gegen uns und andere verwenden können. Praktisch versuche ich täglich einen Moment der Besinnung hinzubekommen und bitte vor großen Aufgaben, großem Publikum oder schwierigen Gesprächen um die richtigen Worte. Aber es wäre gelogen zu sagen, dass ich das immer schaffe. Klar wendet man sich eher in Notsituationen an „den Himmel“, als wenn man selber im siebten Himmel ist.Der Mensch steckt voller Wunder, das wird in Ihrer Show deutlich. Glauben Sie, dass dahinter ein Schöpfer steckt?
Ob Gott die Welt in einer Woche oder in ein paar Milliarden Jahren erschaffen hat, darüber sollen sich die Kreationisten und Evolutionisten streiten. Ich habe kein Problem mit der Evolution, eher mit dogmatischen Wissenschaftsleugnern, die auch unsere Körperlichkeit und Sinnlichkeit verleugnen.Bei Schlafstörungen empfehlen Sie „Bach statt Baldrian“. Wieso hat Musik heilende Wirkung?
Singen hat tatsächlich eine heilende Wirkung! Es gibt kaum etwas Besseres, um Gemeinsamkeit zu stiften und Freude miteinander zu teilen. Es gibt tolle Initiativen für Kinder wie die „Zukunftsmusiker“, „Canto elementar“ oder für Erwachsene auch die „Singenden Krankenhäuser“. Denn das Instrument, das jeder immer dabei hat, ist die Stimme.Sie singen auf der Bühne. Bei welchen Gelegenheiten singen Sie privat?
Ein schöner Grund in die Kirche zu gehen ist das gemeinsame Singen. Tatsächlich singe ich fast jeden Abend etwas zur Gitarre. Eine Zeit lang mochte ich auch sehr die Taizé-Andachten, wo man die kurzen Lieder so oft wiederholt, bis man gar nicht mehr darüber nachdenkt.Sie vermitteln bei Ihren Auftritten eine positive Einstellung zum Leben und zu sich selbst. Wie kommen Sie zu so einer Haltung?
Es stimmt, ich bin ein glücklicher Mensch und viele Dinge in meinem Leben laufen gerade sehr gut. Einiges davon wurde mir geschenkt, für anderes habe ich über Jahre gearbeitet und gekämpft. Und natürlich kenne ich vor allem aus dem Krankenhaus auch die Schattenseiten des Lebens wie Schmerz, Tod, Krankheit und Depression. Aber genau dadurch beziehe ich die Kraft und den Wunsch, eine positive Botschaft dagegenzusetzen. Wer jammert, der ist nie allein. Aber eben auch nicht glücklich. Shit happens – mal bist du die Taube, mal bist du das Denkmal.Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Jonathan Steinert