Kirchentag zieht Zwischenbilanz

In Stuttgart kommen sich Kirchentag und Pietismus näher, aber Differenzen bleiben. Ein Streitpunkt bleibt die Judenmission.
Von PRO
Ellen Ueberschär sieht im Kichentag Stuttgart eine Zäsur für das Verhältnis von Kirchentag und Pietismus
Die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Ellen Ueberschär, hat am Samstag ein positives Zwischenergebnis gezogen. „Die Losung (Anm.: „damit wir klug werden“) hat aus meiner Sicht ganz klar ihre Wirkung entfaltet“, sagte sie auf einer Pressekonferenz. Man können von einer neuen Form der Nachdenklichkeit sprechen. Klug sein bedeute, ohne Scheu und der Komplexität der Themen, sich nicht von einfachen oder publikumswirksamen Antworten verführen zu lassen. „Die Stärke des Protestantismus ist die Vielzahl seiner frömmigkeitlichen Prägungen“, sagte Ueberschär. Der Kirchentag in Stuttgart markiere eine wichtige Zäsur. „Vom Stuttgart geht die Botschaft aus: Pietismus und Kirchentag grenzen sich nicht gegeneinander ab.“ Der Christustag sei in großer Stärke präsent und offen für den Kirchentag gewesen. Differenzen habe man ausgelotet, aber nicht ausgeräumt. Als Differenzen bleibe: „Die klare Ablehnung aktiver Judenmission durch den Kirchentag“. Die Beschäftigung mit dem messianischen Judentum habe gezeigt, dass noch viel theologische Ausbildungs- und Aufklärungsarbeit notwendig sei. Dies nehme der Kirchentag aus Stuttgart als Aufgabe mit. Seit 1956 treffen sich zum Christustag jährlich an Fronleichnam evangelische Christen, um auf die Bibel zu hören. Dazu laden die Christus-Bewegung „Lebendige Gemeinde“ in Württemberg und die Christus-Bewegung Baden an unterschiedliche Orte im Bundesland ein. Messianische Juden dürfen sich im offiziellen Programm des Kirchentags nicht präsentieren, der Christustag hingegen hatte die Judenmission als Thema.

Kirchentag gedenkt Verfolgung Homosexueller

Mit der Auftaktveranstaltung sei es gelungen, einen wichtigen Impuls zu setzen. Dem Eröffnungsgottesdienst am Mittwoch war eine Gedenkveranstaltung der Laienbewegung auf dem Karlsplatz in Stuttgart voran gegangen. Darin hatte der Kirchentag der Verfolgung gleichgeschlechtlich Liebender gedacht. „Auch die Kirchen müssen zu ihrer Schuldgeschichte stehen und aus der Erinnerung an die Opfer Konsequenzen für die heutigen Debatten ziehen“, sagte Übeschär und weiter: „Bei dem Thema Homosexualität geht es im Kern um das Thema Liebe“. Auch die Kirche müsse sich deshalb ganz neu überlegen, wie sie mit Menschen umgeht, die ihre Homosexualität und ihren Glauben gleichermaßen ernst nehmen. Die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages bezeichnete den Kirchentag „als Festival der Mitmachkultur“ und „Motivationstraining für engagierte Christinnen und Christen“. Die Geschäftsführerin attestierte den Kirchentagsbesucher zudem eine hohe Spendenbereitschaft. In den Eröffnungsgottesdiensten sind nach Angaben von Ueberschär rund 130.000 Euro von den Kirchentagsbesuchern in einer Kollekte zusammengelegt worden. Eine Resolution des Kirchentages fordert, dass die Situation der Flüchtlinge anders gelöst wird als bislang. Für die Bootsflüchtlinge müsse und könne es andere Wege geben. Asylsuchende dürften sich nicht der Lebensgefahr auf organisierten Bootsüberfahrten windige Schlepper über das Mittelmeer aussetzen.„Das unermessliche Leid, dass sich an den Südgrenzen Europas zeigt, verlangt unsere klare Position, Hilfe und Unterstützung“, sagt der Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Andreas Barner. Der Kirchentagspräsident würdigte den intensiven Austausch kontroverser Themen durch Referenten und Kirchentagsbesucher. Nach offiziellen Angaben nehmen 97.000 Dauergäste am 35. Deutschen Evangelischen Kirchentag teil. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/impuls-fuer-die-oekumene-92284/
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