pro: Herr Dechert, Medien berichten über einen drohenden Stellenabbau beim ERF. Wie viele Mitarbeiter müssen sich jetzt um ihre Jobs Sorgen machen?
Jörg Dechert: Wir planen, 20 Stellen abzubauen. Daraus folgen aber nicht unbedingt 20 Kündigungen. Wir haben auch natürliche Fluktuation, zum Beispiel durch auslaufende Zeitverträge. Wir haben noch nicht entschieden, wen der Stellenabbau genau betreffen wird.
20 von 220 Stellen, das sind knapp zehn Prozent. Das klingt nach einer ganzen Menge. Wie kam es dazu?
Ich bin jetzt seit gut 100 Tagen im Amt. In dieser Zeit haben ich und mein Leitungsteam die finanziellen Entwicklungen der letzten Jahre angeschaut. Es hat sich gezeigt, dass der finanzielle Handlungsspielraum des Unternehmens immer etwas eingeschränkt war. Wir haben nun ein Reformpaket mit drei Schwerpunkten geschnürt. Erstens: Wir überführen unsere bisher drei Redaktionen für Hörfunk, Fernsehen und Online in eine integrierte Redaktion und wollen auch unsere fremdsprachigen Aktivitäten effizient mit einbinden. Zweitens wollen wir mehr Ressourcen investieren in Marketing, Fundraising und Außenkommunikation. Ich habe den Eindruck, dass wir da Nachholbedarf haben und besser werden müssen. Drittens müssen wir unsere Budgetplanung so umstellen, dass wir finanziellen Handlungsspielraum gewinnen. Wenn man das alles zusammen nimmt, dann müssen wir dafür einen Personalabbau in der Größenordnung von etwa 20 Planstellen durchführen. Ein Teil davon liegt in der Verwaltung und ein Teil im Bereich Redaktion/Produktion.
Wenn Sie sagen, dass effizienter gewirtschaftet werden muss, heißt das, in der Vergangenheit wurde schlecht gewirtschaftet?
Ich halte es für etwas völlig Selbstverständliches, dass jede Organisation immer wieder ihre eigenen Abläufe und Prozesse überprüft und schaut, an welchen Stellen man es heute anders machen würde, wenn man neu anfangen könnte. Ein Leitungswechsel ist eine Zäsur, die hilfreich ist, um genauer hinzusehen. Das nutzen wir jetzt.
Sie sagen, Sie wollen den ERF zukunftsfähig machen. Vor welchen Herausforderungen steht denn der christliche Journalismus?
Ich glaube, dass sich für alle christlichen Organisationen in Deutschland langsam aber sicher Dinge ändern werden. Als Medienhaus sind wir natürlich zunächst stark mit den Veränderungen der Medienlandschaft konfrontiert. Das ist für Kollegen, die im Printbereich unterwegs sind, auch keine neue Nachricht. Wir beobachten darüber hinaus ein Sinken des christlichen Grundwasserspiegels in Deutschland. Das ist für alle Organisationen eine Herausforderung und hat etwas mit Gemeindebindung und Spenderbindung zu tun. Wir können uns nicht auf dem ausruhen, was in der Vergangenheit immer funktioniert hat.
Der ERF ist ein Spendenwerk. Sind die Kürzungen notwendig, weil weniger Spenden eingegangen sind? Oder sind Ihre Kosten gestiegen?
Wir wollen aus jedem Spenden-Euro das Maximum herausholen für den geistlichen Auftrag, den wir haben. Dabei geht es weniger darum, ob das Geld für das laufende Jahr reicht oder nicht. Die Frage ist vielmehr: Wie viel Geld vertrauen uns die Spender an und was können wir damit machen, um möglichst viel geistliche Wirkung zu erzielen? Unsere Spendensituation ist eigentlich in den letzten zehn Jahren konstant geblieben, es gab keinen Einbruch beim Spendenniveau. Aber wir wollen künftig natürlich Wachstum sehen und mehr finanziellen Handlungsspielraum für die Zukunft gewinnen.
Wann beginnt der Stellenabbau?
Im Moment laufen die Gespräche an, die wir dazu im Haus führen müssen. Ich gehe davon aus, dass wir ab der zweiten Jahreshälfte in unserer reformierten Struktur arbeiten können.
Herr Dechert, vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Sebastian Schramm. (pro)