Der Spielfilm „Selma“ zeigt den Bürgerrechtler Martin Luther King als gottesfürchtigen Mann, der mit den eigenen Entscheidungen hadert. Es ist ein Film über Gottesfurcht und Opferbereitschaft. Eine Filmkritik von Anna Lutz
Von PRO
Foto: Atsushi Nishijima| Studiocanal
David Oyelowo als Martin Luther King im Film „Selma“
„Selma“ zeigt einen Abschnitt im Leben von Martin Luther King. Kurz nachdem der Bürgerrechtler den Friedensnobelpreis erhalten hat, organisiert er Protestmärsche, um das auf dem Papier bereits bestehende Wahlrecht für Afroamerikaner endgültig durchzusetzen. Im Weg steht ihm dabei ein zaudernder Präsident Lyndon B. Johnson und ein erzkonservativer Gouverneur im Staat Alabama. King selbst muss sich der Tatsache stellen, dass sein friedvoller Protest Tote fordert. Ein Polizist erschießt den gerade erst 26-jährigen Jimmie Lee Jackson bei einer Demonstration. Ein weißer Geistlicher, der sich ebenfalls der schwarzen Bürgerrechtsbewegung anschließt, stirbt bei einem Angriff durch Rassisten. Und der Baptistenpastor King muss sich fragen, wieviele Menschenleben er für seinen Protest noch aufs Spiel setzen will.
Brad Pitt und Oprah Winfrey, in einer Nebenrolle zu sehen, haben diesen Film von Regisseurin Ava DuVernay produziert und werfen den Zuschauer direkt ins Geschehen. Wissen um den Busboykott von Montgomery und andere Meilensteine auf dem Weg zur Gleichstellung von Afroamerikanern in den USA setzt DuVernay als bekannt voraus. An der einen oder anderen Stelle kann das dem nichtamerikanischen Zuschauer leichte Probleme bereiten. Das tut der Eindrücklichkeit der Kulisse und der Charaktere aber keinen Abbruch.
Entscheidung auf den Knien
Schwer zu vergessen ist etwa die Szene, in der King einen Protestmarsch über eine Brücke in der für den Film namensgebenden Stadt Selma anführt, immer darauf gefasst, von blindwütigen Polizisten verprügelt oder gar niedergeschossen zu werden. Als die Ordnungshüter den Weg unerwartet freigeben, kniet der Menschenrechtler im Gebet nieder – um seinen Protestmarsch schließlich nicht fortzusetzen, sondern die Menge zum Umkehren zu bewegen. Lieber nehme er in Kauf, dass die Demonstranten wütend auf ihn seien, als dass er sie in einen Hinterhalt führe und Menschenleben gefährde, erklärt er später. Geradezu beiläufig wird klar: Dieser Mann hat gebetet und Gott hat ihm eine Antwort gegeben. King folgt, ohne zu fragen, ohne zu zaudern, im Glauben, dass der Herr ihn führt.
Kirche, Glaube und Zweifel an der eigenen Sache sind die Themen dieses Films. Die schwarzen Gemeinden der 60er Jahre erscheinen als politischer Zufluchtsort für die Demonstranten. Den deutschen Zuschauer darf das durchaus an die Rolle der Kirche in der Wendezeit erinnern. Für christliche Kinobesucher ist der immer wieder auftauchende Rückbezug Kings auf seinen Glauben sicherlich der eigentlich interessante Aspekt dieses Films. Etwa wenn dieser mitten in der Nacht und in einem besonders verzweifelten Moment die Gospelsängerin Mahalia Jackson anruft und sie um ein Lied bittet: „Ich muss die Stimme des Herrn hören“, sagt er. Oder, wenn ihn einer seiner Mitstreiter in der Kirche daran erinnert, dass das Matthäusevangelium die Gläubigen im sechsten Kapitel dazu aufruft, sich keine Sorgen über das Morgen zu machen.
„Was Gott will“
„Selma“ wirft aber auch einen Blick auf den Umstand, dass viele weiße Prediger in dieser Zeit nicht für die Rechte der Schwarzen kämpften. Und ebenso darauf, dass es Bürgerrechtler gab, die den religiösen Ansatz dazu nutzen, um Gewalt zu rechtfertigen. So weist ein Demonstrant nach einem Angriff durch Polizisten darauf hin, dass die Bibel das Prinzip „Auge um Auge“ fordere, und er kann nur mit Mühe beruhigt werden. Der Film endet mit einer Rede Kings und dem Wort „Halleluja“. In Erinnerung bleibt vor allem jener Satz, den der Bürgerrechtler gegenüber einem FBI-Agenten äußert, der um Kings Sicherheit besorgt ist. Nicht seine eigene Gesundheit zähle. „Ich konzentriere mich darauf, was Gott will“, sagt King. Das war 1965, kurz bevor Präsident Johnson den Voting Rights Act unterzeichnete, der Afroamerikanern endgültig das Wahlrecht brachte. Und drei Jahre vor Kings Tod durch ein Attentat. (pro)
„Selma“, 128 Minuten, USA 2014, Filmstart in Deutschland: 19. Februar
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