So daneben war die Werbekampagne nun auch wieder nicht, dass sie gleich ganz in die Tonne muss. Das Marketing-Magazin W&V nennt dieser Tage die Aktion den „Ausrutscher der Woche“, einen „Flop“ und titelt „Holy Shit!“. Was ist passiert? Seit Anfang November läuft eine Plakat-Werbung des Hamburger Fernsehsenders Bibel TV: „GOTT STATT SCHROTT.“
Freilich, knapp daneben ist auch vorbei. Der Slogan wirft mehr Fragen auf, als er Antworten gibt. Nun ist es das Wesen von Werbung, Anstöße zu geben, in diesem Sinne anstößig zu sein, damit Verkaufszahlen steigen und die Bekanntheit wächst. Werbung soll wirken: Sanft und romantisch wie „Landliebe“, knallig und schrill wie die Marke „Benetton“. Deren regelrechte Schockwerbung stellte nicht das Produkt in die Mitte, sondern den Skandal, und das warf die Frage auf: Ist das noch regelgerecht?
„GOTT STATT SCHROTT.“ Das klingt nach „Herz und Schmerz“, nach „Operette statt Zigarette“, nach „Saft für Kraft“. Das sind Begriffspaare, die sich ergänzen, oder die Gegensätze beschreiben. Wenn ich bei meinen Seminaren zum Schwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit und Werbung eine Runde Gedankentraining und Themenfindung mache, dann müssen zunächst solche Sprüche an die Tafel, bevor mehr Kreativität geweckt wird, Neues und Passendes entsteht. Gott und Schrott passen so nicht zusammen. Es gab vorzeiten „Freiheit statt Sozialismus“ in der bundesdeutschen Parteienwerbung. Ein wirklicher Gegensatz aus meiner Sicht. Was ist Freiheit? Was ist Sozialismus? Die Bürger auf den Straßen der „DDR“ in Dresden, Plauen, Berlin und Leipzig wählten 1989 die Freiheit statt Sozialismus. Aber „GOTT STATT SCHROTT.“?
Es ist kein Begriffspaar, das sich ergänzt, auch kein Paar, das wirkliche Gegensätze beschreibt. Wer ist Gott? Und was ist Schrott? Andere TV-Programme? Die gottlose Welt? Ist das nicht gerade die christliche Botschaft der kommenden Wochen: Gott kommt in unsere Welt voller Schrott und Scherben, um uns heil zu machen. Engel verkünden: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Aber halt! Das würde jetzt eine Predigt. Plakat-Werbung ist etwas anderes. „GOTT STATT SCHROTT.“ steht in der Diskussion, wurde vielerorts in von Fachleuten auch gewürdigt. Was will Werbung mehr? (pro)
Egmond Prill ist Leiter der Christlichen Medienakademie Wetzlar