Mit dem biblischen Spruch „Meine Zeit steht in deinen Händen“ (Psalm 31,15) drückten Christen aus, dass es in Geburt, Leben und Tod einen Bereich des Unverfügbaren gebe. Daher sei dies ein „sympathischer“, wenn auch „wohl bald ganz verschwindender“ Satz, findet der Leiter des FAZ-Feuilletons, Edo Reents.
Zwar hätten auch Philosophie und Literatur traditionell die Unverfügbarkeit des Sterbens betont. Davon sei in der aktuellen Sterbehilfe-Debatte davon jedoch kaum die Rede. Im Zentrum stehe die Autonomie des Menschen. Mit dieser „Machbarkeitsbestrebung“ sei diese Debatte ein „Säkularisierungssymptom“. „Das Anschwellen der Ermächtigungsrhetorik ist nicht zu übersehen. Nun geht es also ums Sterben.“
Mit dem Werk des Philosophen Arthur Schopenhauer weist Reents auf die gebrechliche Natur des Menschen hin. „Das Christentum macht deswegen Nächstenliebe und Barmherzigkeit geltend.“ Zwar gebe es Fälle, in denen es gerade barmherzig sei, dem Sterbewunsch eines anderen Nachzukommen. Doch dürfe die Angst vor Schmerzen kein Grund für Sterbehilfe sein.
Es sei zwar verständlich, dass der Mensch schmerzfrei, relativ eigenständig und mit der Kontrolle von Körper und Geist leben wolle, schreibt Reets weiter. „Wo steht aber geschrieben, dass das Sterben so ablaufen soll?“ Er schließt seine „Lektüre zum Totensonntag“ mit dem Gedanken: „Was also will man vom Tod, vom Sterben – dasselbe wie vom Leben? Diese Rechnung geht selten auf.“